USA: Freilandversuch mit Gen-Karpfen

Experiment mit Wachtumsgen in Karpfen / Sicherheitsgutachten nicht abgewartet  ■  Aus Washington Silvia Sanides

Seit Anfang Juli schwimmen sechs genmanipulierte Karpfen unter freiem Himmel in Versuchsweihern an der amerikanischen Auburn Universität im Bundesstat Alabama, ohne daß die Öffentlichkeit darüber unterrichtet wurde. Dies ergaben Recherchen der taz. Die Karpfen, denen das Forellengen als Wachstumshormon eingepflanzt wurde, sind somit die ersten genmanipulierten Tiere, die im Freiland getestet werden.

Bisher fanden lediglich Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Bakterien und höheren Pflanzen statt. Versuchsleiter Rex Dunham hofft, mit seinem Karpfenexperiment der Fischzuchtindustrie der amerikanischen Südstaaten große Dienste zu erweisen. „Bis zu vierzig Prozent schneller als unbehandelte Fische wachsen die Karpfen mit dem Forellengen im Labor“, erklärte er gegenüber der taz. Ziel des Versuchs ist festzustellen, ob das fremde Gen an die nächste Generation weitervererbt wird.

Vor Genehmigung des Freilandversuchs wollten die völlig überraschten Umweltgruppen und Gentechnikkritiker das Projekt über ein Umweltgutachten stoppen, das nach behördlichen Auflagen vorher vorliegen sollte. Alvin Young, Vorsitzender des Komitees für Landwirtschaftliche Biotechnologie im Landwirtschaftsministerium, erklärte gegenüber der taz jedoch, daß der Versuch bereits begonnen habe. Das Umweltgutachten werde in den nächsten Wochen veröffentlicht. Das Landwirtschaftsministerium hatte beschlossen, den bereits laufenden ersten Teil des Versuchs nicht als Freilandexperiment, sondern als „eingeschlossenes“ Experiment zu behandeln. Der Antrag auf Genehmigung wurde dementsprechend an eine andere Behörde weitergeleitet, die den Versuch genehmigte. Die Versuchsweiher, in denen sich die Karpfen befinden, sind durch Zäune und Netze von der Umgebung abgeriegelt, damit die Fische nicht entkommen oder von Tieren verschleppt werden können. Außerdem sorgt eine Warnanlage dafür, daß Gift in die Teiche eingeleitet wird, falls einer der Fische eine Barriere passieren sollte. Gentechnikkritiker um Jeremy Rifkin wollen insbesondere verhindern, daß der zweite Teil des Versuchs, bei Fortsetzung auf Seite 2

dem die Nachkommen der Karpfen in den Freilandteichen aufgezogen werden sollen, ebenfalls auf fragwürdige Weise genehmigt wird. „Sechs Fische lassen sich kontrollieren“, so Jeremy Rifkins Büro, „eine unbestimmte Zahl von Jungfischen ist nicht überschaubar“.

Jane Rissker von der „National Wildlife Federation“ befürchtet, daß mit zunehmender Anzahl von Freilandexperimenten, das Entweichen von Versuchstieren in die freie Natur unvermeidlich ist. „Schon ein einziger genmanipulierter Fisch“, so Jane Rissler, „kann das ökologische Gleichgewicht eines Gewässers erheblich stören“. Sie verweist dabei auf zahlreiche Fälle, bei denen nicht -heimische Fische in fremde Gewässer eingeführt wurden, sich stark vermehrten, und mit den heimischen Arten um Raum und Nah

rung konkurrierten.