: „Ganz laut schreien“
■ Zum Beispiel Abdi H., Oromo aus Äthiopien
„Jeden Tag werde ich gefragt, woher ich komme. Ich will nicht sagen: aus Äthiopien, denn ich bin kein Äthiopier. Jetzt sage ich einfach: aus Oromien.“ Nagassa ist Oromo und mittlerweile als politischer Flüchtling anerkannt. Sein Freund Abdi, für den er übersetzt, wurde noch nicht einmal eine Anhörung zu seinen Fluchtgründen zugestanden.
Der Asylantrag ist längst rechtskräftig abgelehnt, obwohl die äthiopische Militärjunta bekanntermaßen alles daran setzt, die Lebensgrundlagen der 27 Millionen Oromos zu zerstören. Abdis Eltern starben in den Gefängnissen der Militärjunta; er selbst war ein Jahr lang mit seinem Bruder inhaftiert. Monatelang mußte Abdi jede Woche zur Ausländerbehörde und um eine Verlängerung seiner Duldung bitten. Mehr als ein paar Tage wurden ihm nie zugestanden. Seine Freunde planten schon, für ihn zu demonstrieren, als plötzlich die Neuregelung des Berliner Senats zum Bleiberecht für Flüchlinge erlassen wurde. Eben die verhaßte äthiopische Nationalität wird dem jungen Oromo nun ein Bleiberecht in Berlin sichern. Äthiopien gehört zu den fünf Ländern, deren Flüchtlinge seit dem 21.Juni eine Aufenthaltserlaubnis erhalten - auch wenn sie noch keine fünf Jahre in der Stadt sind. Bei der Ausländerbehörde habe er die ersten Auswirkungen schon feststellen können, meint Abdi. Die Atmosphäre sei dort besser und freundlicher geworden. Jetzt hofft er mit seinen Freunden, daß der Senat die neue Weisung auch wirklich aufrechterhält - hofft, daß die Kampagne der Opposition ohne Wirkung vorbei geht. Jedenfalls geht er heute auf die Demonstration für eine humane Flüchtlingspolitik. „Und da mußt du ganz laut schreien“, sagt Nagassa.
anb
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