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Bremen on Broadway

■ Debiles Debüt für „Theater im Schnoor“

Warum im Sommer nicht mal etwas leichtere Kost? Und wenn das Angebot des Tages im Schnoor „Ein seltsames Paar“ ist, darf's gerne auch mal Boulevard sein. Noch dazu, wenn es ein Chef d'OEuvre des Komödienmaitres Neil Simon sein soll, und der Regisseur Fred Young direkt vom Broadway kommt.

Nach Belieben gibts als Aperitif einen bittersüßlichen Zitaten-Shake aus Tucholsky, Brod und Brecht. Sodann Bayreuth in Bremen: Fanfaren, Trompeten, Vorhang auf zur Abenteuerlandschaft eines amerikanischen „lonely heart-boy„-Appartements. Leopardengemusterte Plastikstühle, Bierflaschenberge, Body- und Pin-up-B(u)ilder, verschüttetes Telephon, zugeäschertes Chaos. Mittendrin haust Oskar, geschiedener Sportreporter, und verpokert die Alimente. Bis sein Art

und Leidgenosse Felix einzieht, um ihm das Sparen und den Schrecken zu lehren. Denn während Oskar mit allen männlichen Lastern bestückt ist, nervt Felix, die Memme, mit Allergie, Waschmanie und Hypochondrie ...

Das Rezept für fade Fast-Food dieses Genres ist bekannt: Man nehme zwei verlassene Ehemänner, schmore sie in einem Appartement, würze mit saftigen Sprüchen, füge nach einer Stunde zwei lüsterne Hühner dazu - und fertig! (Wahrscheinlich war der Aufprall des gefrorenen Kalbskoteletts auf Neil Simons Kopf, nach eigenen Angaben Ergebnis einer ehelichen Auseinandersetzung und Anlaß zu diesem Stück, etwas heftig). Die Einfallsarmut der Story wird durch Dialoge wie „Wie machst du deine grünen Sandwiches?“ - „Entweder mit

ganz jungem Käse oder ganz altem Fleisch“ auch nicht bereichert. Mutig, sich für so ein Werk zu entscheiden; erfordert es doch schauspielerische Wunderleistungen, um ein unterhaltendes Profil hineinzubringen. Doch Frank Jungermanns Oskar muß der gleichnamige Star aus der Sesamstraße als Vorbild gedient haben: auch der brüllt kratzbürstig in seiner Mülltonne. Kai Klinski als unglücklicher Felix bringt zwar wirklich komische Hyperventilationsanfälle auf die Bühne, aber sein differenziertes Spiel geht im allgemeinen Gebrüll und Gegacker unter. Wahrscheinlich fehlte der Kritikerin einzig der Sinn für den amerikanischen Humor. Der wird laut Programmheft nämlich gerne als flach und albern mißverstanden, hat aber „eine optimistische Tiefe“. Der grüble ich noch immer nach. Elke Webe

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