: Indonesien in - China out
■ Weltpolitik und Traveltrends in den Reisebüros der Ostertorschen
Wohin traveln die Ostertorschen diesen Sommers und kommenden Winters? Denken sie und ihre Reisebürokaufleute beim Buchen noch manchmal noch an so unerfreuliches wie Diktatoren? Ein kleiner Rundgang durch vier Reisebüros im Viertel gibt ein wenig Aufschluß.
Die „Hansa Reisezentrale„ am Ostertorsteinweg liegt voll im TUI-Trend: „Griechenland und Türkei wird viel verkauft, Spanien ist rückläufig“. Die Politik spielt im Laden nur bei China eine Rolle: „totaler Rückgang“. Nicht nur die einst Reiselustigen auch die Reiseveranstalter hatten die Touren vom blutigen 4. Juni bis zu Julimitte abgesagt. Im Gegensatz zu China hat für die „Hansa„ -KundInnen ein Land wie die Türkei wenig mit Tod und Folter zu tun. Wenn etwas die reiselustigen Ostertorschen an den türkischen Stränden abschreckt, dann sind das, so Filialleiterin Claudia Duensing - höchstens die „vielen Baustellen“.
Bei „Paco-Reisen„ schräg gegenüber hat der stellvertretende Geschäftsführer Harald Lieske, bei China schon einen neuen Trend ausgemacht: „Man kann seit Mitte Juli wieder fahren. Es gibt bereits wieder Touristen, die
das machen. - Das ist ein Gewöhnungsprozeß“. Die chinesischen Reise-Verantwortlichen haben den deutschen Veranstaltern bereits Preisermäßigungen angeboten.
„Paco Reisen“ hat kein Land auf der schwarzen Liste und führt „keine Motivdebatte“ mit seinen KundInnen. Harald Lieske: „Dann müßten wir einen männlichen Thailand-Touristen auch fragen: Was willst Du da?“
Doch in zwei Fällen spielt die Politik reisebüro-intern eine Rolle. Zweifach ist die Filiale „bei der Werbung zurückhaltend“: Für Südafrika gibt's keine Reklame und „im Moment“ auch keine für China.
Für Harald Lieske sind Tourismus und Politik nicht zu trennen: „Wenn man es brutal ausdrückt: Eine Diktatur ist im Prinzip gut für den Tourismus.“ Bestes Beispiel sei das Boom -Land Türkei: Die Preise würden vom Regime niedrig gehalten, keine Istanbul-Reisende mehr durch Straßenkämpfe abgeschreckt. Die Politik spiele auch beim Boom-Land Thailand eine Rolle, dieses habe zudem von der Sri-Lanka -Krise und dem Malediven-Putsch profitiert.
Bei der „Alternativ Bus Reisen
GmbH“ (ABeR) in der Weberstraße ist neuerdings ein Durchquer -Land auf der schwarzen Liste. Die vom marokkanischen Militär seit dreizehn Jahren besetzte „Westsahara“. Als der Mitarbeiter jedoch der Reporterin diejenige „Transsahara„ -Bustour aus dem Prospekt heraussuchen will, die auf Drängen der „Gesellschaft der Freunde des sahrauischen Volkes“ aus dem Programm gestrichen worden sei, da die „Expedition“ die Westsahara durchquere - da muß er passen. So genau wisse er nicht, welche Tour das sei. Der Begriff „Westsahara“ taucht in dem „ein-Märchen-aus-tausendundeins-Prospekt“ auch nicht auf. Aber diese Reise sei ja erst für 1991 geplant, bis dahin werde ein neues Korrekturblatt vorne in die „Reisezeitung“ eingelegt sein mit den genauen Storno -Informationen, verweist der Mitarbeiter des „Alternativ„ -Veranstalters.
Werden die „alternativen“ Busreisenden aber noch weiterhin in das Land gefahren, das die Westsahara besetzt hält - nach Marokko? „Ja. Die normale Marokko-Tour wird seit acht Jahren gemacht, läuft ganz gut.“ Der Mitarbeiter gibt außerdem zu bedenken, „daß die meisten Länder
Dreck am Stecken haben.“ Wenn man nach Marokkoreisen kritisch frage, dann aber auch etwa danach, ob man die USA aufgrund ihrer Nicaragua-Politik nicht auch boykottieren müsse.
„Travel-Overland„ auf den Häfen hat's nicht mit Pauschal-, sondern mit Individual-Trips der Ostertorschen zu tun. Hier wird der Trend zu mehr Fernreisen vermeldet. Die KundInnen buchten zunehmend statt der Mittelmeer-die Karibiksonne. Außer Kuba und Jamaika ist hier die Dominikanische Republik für die Winterreise in den Süden gefragt. Des Sommers zieht es die „Travel Overland„ -Traveller mehr in die USA und nach Asien (Indonesien, Thailand, Malaysia).
Das Büro-Team hat intern in Bezug auf Südafrika einen politischen Beschluß gefaßt. Alexander von Koslowski: „Was wir nicht machen, sind Flüge mit der SAA. - Sonst gibt's nichts, was wir auslassen.“ Angemacht, betroffen gemacht habe ihn jedoch, daß vor anderthalb Jahren plötzlich das drittärmste Land der Welt, die Kapverdischen Inseln zum Geheimtipp geraten sei: „Da würde ich Skrupel haben hinzufahren.“
B.D.
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