: Kampagne gegen Eilverfahren vor Chinas Gerichten
■ Nach der Verhaftung des Studentenführers Wang Dan startet amnesty international eine „Urgent Action“ / Amnesty befürchtet, daß Wang Dan und andere Verhaftete in Schnellverfahren abgeurteilt werden / Wang Dan droht die Todesstrafe / Die chinesische Führung beginnt jetzt mit einem großen Propagandafeldzug
Berlin (taz) - Eilaktion gegen Schnellverfahren vor Chinas Gerichten: Nachdem der chinesische Studentenführer Wang Dan und andere Intellektuelle verhaftet wurden, ruft amnesty international zu einer „Urgent Action“ auf. Die taz schließt sich diesem Aufruf an.
Bislang hatten die Proteste keine Person, an der sich das Nicht-Vergessen festmachen konnte. Mit der vorgestern bekanntgewordenen Verhaftung von Wang Dan - dem 24jährigen Geschichtsstudenten, der auf Pekings schwarzer Liste als Nummer Eins geführt wird - gibt es eine neue Situation. Jetzt kann sich zeigen, wie ernst es die Welt mit ihrem Entsetzen meint. Amnesty befürchtet, „daß die Betroffenen in Schnellverfahren abgeurteilt werden, bei denen man ihnen schwere Strafen auferlegt“. Wang Dan muß mit einem Todesurteil rechnen.
Die Menschenrechtsorganisation startet ihre Kampagne am selben Tag, an dem die chinesische Führung ihrerseits einen großangelegten Feldzug gegen „konterrevolutionäre Ideen“ beginnt. In diesem Rahmen will das Politbüro nicht nur seine Propagandamaßnahmen neu strukturieren und verstärken, sondern sich auch von „verdächtigen“ Kadern trennen, berichtet die Nachrichtenagentur 'Xinhua‘.
Wang Dan ist nicht der einzige, dessen Festnahme jetzt bestätigt wurde. Ebenfalls verhaftet wurde der 63jährige Wissenschaftler an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften in Fujian, Li Honglin. Seit 1979 hat er mehrere Bücher und Artikel geschrieben, in denen er wirtschaftliche und politische Reformen befürwortet. Als sich Li Honglins Angehörige nach seinem Verbleib erkundigten, teilte ihnen die Polizei mit, man wisse gar nicht, was mit ihm geschehen sei.
Amnestys Kampagne nennt außerdem den 26jährigen Schriftsteller Li Weiguo aus Peking, den 38jährigen Soziologie-Dozenten Zhou Yongping der Beida-Universität Peking, die 35jährige Wirtschaftsjournalistin Lu Liling und den Soziologen Sun Li, beide aus Peking. Amnesty ruft dazu auf, von den zuständigen Stellen in China die sofortige Freilassung der Verhafteten, sowie die Bekanntgabe von Namen, Haftort und Internierungsgründe all jener zu verlangen, die im Zusammenhang mit den jüngsten Protesten festgenommen worden sind.
Appelle an den Minister für Öffentliche Sicherheit: Wang Fang Buzhang, Gonganbu, Dong Chang'an Jie, Biejingshi, Zhonghua Renmin Gongheguo, VR China.
Der Verband Chinesischer Studenten und die Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft veranstalten eine Trauerfeier vor der chinesischen Botschaft: Sonntag, den 23.7. um 14 Uhr, Bonn-Bad Godesberg, Kurfürstenallee 12. Siehe auch Seite 7
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