: Endspurt im Clinch um den THTR
Forschungsminister Riesenhuber und NRW-Finanzminister Schleußer setzen Ultimatum bis zum 31.7.: THTR soll für zwei Jahre wieder in Betrieb genommen werden / NRW-Landesregierung in der Bredouille ■ Aus Düsseldorf J. Nitschmann
Bund und Land haben die Betreiber des vom Konkurs bedrohten Thorium-Hochtemperaturreaktors (THTR) in Hamm-Uentrop ultimativ aufgefordert, einem „geordneten Auslaufbetrieb“ mit einer mehrjährigen Wiederinbetriebnahme des Reaktors zuzustimmen.
In einem der taz vorliegenden Schreiben vom Bundesforschungsminister Riesenhuber und NRW-Finanzminister Schleußer (SPD) wird die Geschäftsführung der Hochtemperatur -Kernkraftwerk GmbH (HKG) aufgefordert, sich zur Wiederinbetriebnahme des abgeschalteten THTR 300 „spätestens bis 31. Juli 1989 abschließend zu äußern, da die Situation jetzt dringend eine Entscheidung erfordert.“ Wörtlich heißt es in dem BRief der beiden Minister an die HKG: „Bund und Land sehen keine Alternative zu dem zusammen mit den Vertretern der HKG erarbeiteten Konzept, das ein Wiederanfahren des Reaktors und damit eine geordnete partnerschaftliche Beendigung des gemeinsam begonnenen Demonstrationsprojekts ermöglicht.“
Wie bereits mehrfach berichtet, haben die Betreiber des THTR inzwischen eine sogenannte „Auffanglösung“ vorgeschlagen, wonach die Anlage sofort stillgelegt, sicher eingeschlossen und bis zu ihrem Abriß in 20 bis 30 Jahren in das Eigentum der staatlichen Kernforschungsanlage (KFA) Jülich übergehen soll. Diesen offenbar von dem Düsseldorfer SPD-Fraktionschef Friedhelm Farthmann vermittelten Vorschlag lehnen Riesenhuber und Schleußer einmütig ab; er sei „für Bund und Land aus einer Reihe schwerwiegender Gründe nicht tragfähig“, heißt es lapidar. Bundesforschungsminister Riesenhuber hat diese Haltung unmittelbar vor seinem Urlaubsantritt am Freitag nachmittag gegenüber der HKG dem Vernehmen nach noch einmal in einem Fernschreiben bekräftigt und seine „Position festgezurrt“, wie es in Düsseldorf heißt.
Zugleich geht aus dem gemeinsamen Schreiben von Riesenhuber und Schleußer vom 17. Juni dieses Jahres hervor, daß Bund und Land im Laufe der sich bereits über Monate hinziehenden Verhandlungen über eine vorzeitige Stillegung des THTR den Betreibern in finanzieller Hinsicht ganz erheblich entgegen gekommen sind. „Ferner wurde mit Rücksicht auf die kleineren HKG-Gesellschafter das Engagement der Gesellschafter begrenzt und ausdrücklich bestätigt, daß mit der Vereinbarung weder eine Durchgriffshaftung noch eine Nachschußpflicht der Gesellschafter begründet wird.“ Im Klartext heißt das, daß die THTR-Betreiber für die mit 400 bis 500 Millionen Mark veranschlagten Abrißkosten für die Atomruine nicht mehr in Haftung genommen werden könnten und die öffentliche Hand darauf sitzen bleibt.
Im Gegensatz zu den Betreibern kommen Riesenhuber und Schleußer bei ihren Berechnungen zu dem Ergebnis, daß ein Wiederanfahren des Reaktors immer noch günstiger sei als der weitere Stillstand. Rätselraten herrschte am Freitag in Düsseldorf weiterhin über die Haltung der SPD -Landesregierung. Noch Anfang der Woche war ein internes Arbeitspapier bekannt geworden, in dem die umgehende Stillegung des THTR eindeutig favorisiert worden war. Ebenso eindeutig hat sich SPD-Fraktionschef Farthmann gegen ein Wiederanfahren des Hammer Pannenreaktors ausgesprochen. In Düsseldorf hieß es am Freitag lediglich, die Regierung Rau werde erst nach der Sommerpause abschließend über ihre Haltung beraten.
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