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Die „Oostzee“ giftet weiter

Auch nach einer Woche Krisenmanagement bleibt die Entsorgung der 4.000 Fässer ungelöst / Konzentration von Epichlorhydrin im Laderaum ist noch immer viel zu hoch / Bergungsfirma Harms arbeitet an einem neuen Entsorgungskonzept / Reeder muß zahlen  ■  Aus Hamburg Kai Fabig

Die Bergung der 4.000 teilweise leckgeschlagenen Giftfässer des niederländischen Frachters „Oostzee“ kommt nicht voran. Bereits am Dienstag sollte mit der Entsorgung begonnen werden. Gestern zeichnete sich ab, daß auch heute noch keines der mit Epichlorhydrin gefüllten Fässer den Schiffsrumpf verlassen wird. Trotzdem taucht in der Presseerklärung der schleswig-holsteinischen Landesregierung kaum ein Wort so häufig auf wie „planmäßig“. Und der Brunsbütteler Hafenkapitän Horst Dietze betont, daß „wir keineswegs hilflos sind“.

Ursprünglich war vorgesehen, die komplizierte Bergung der mittlerweile auf zehn bis 20 leckgeschlagenen Fässer im Brunsbütteler Elbbecken vorzunehmen. Von diesem Plan mußte am Dienstag abend Abschied genommen werden, als sich herausstellte, daß die dafür festgesetzte Giftkonzentration von drei Milligramm Epichlorhydrin pro Kilogramm Luft unter Deck kurzfristig nicht zu erreichen sein würde. Denn trotz der seit Montag geöffneten Ladeluken wurden in der auf die Neufelder Reede geschleppten „Oostzee“ immer noch Giftkonzentrationen von bis zu 400 Milligramm gemessen.

Der offizielle Krisenstab - euphemistisch „Beratungsstab“ genannt - beschloß daraufhin, daß die leckgeschlagenen Fässer nicht im Hafen, sondern auf der Reede geborgen werden sollen.

Seit gestern wird bei der Bergungsfirma Harms an der technischen Umsetzung dieser neuen Vorgabe gearbeitet. Fest steht, daß die demolierten Fässer auf dem Schiff in Überfässer verpackt, dann auf Schuten verladen und zum Dow -Chemical-Werk in Stade gebracht werden sollen.

„Wenn wir mit unserem Konzept fertig sind, müssen ja noch verschiedene Leute mit dem Kopf nicken“, so der Geschäftsführer der Bergungsfirma, Klaus Herz, gegenüber der taz. Das sind die Wasser- und Schiffahrtsdirektion, die Berufsgenossenschaft und vor allem der Reeder, der die Aktion bezahlen muß. Zu den Kosten jedoch wollte Herz nichts sagen: „Wir werden Dr. Wassermann doch nicht noch Öl auf die Lampe gießen.“ Der Kieler Toxikologe Otmar Wassermann wurde nach der mißglückten Entlüftungsaktion am Montag, bei der ein Arbeiter verletzt wurde, mit der Äußerung zitiert: „Die Firma macht irrsinniges Geld, und die Menschen werden verheizt.“

Inzwischen ist auch Hafenkapitän Dietze, der bisher eher eine Null-Problemo-Mentalität an den Tag gelegt hatte, vorsichtiger geworden. Gegenüber der taz nannte er es gestern „unwahrscheinlich“, daß bereits heute mit der Bergung der Fässer begonnen werden könne. Die Verzögerungen seien auf den Zwang zurückzuführen, daß alles, was jetzt gemacht werde, „technisch einwandfrei“ sein müsse. Nach Dietzes‘ Auskunft sind jetzt auch Fachleute von Dow Chemical vor Ort.

Der Krisenstab soll am Wochenende erneut zusammentreten, um das weitere Vorgehen nach der Bergung der defekten Fässer zu beraten - so sie bis dahin abgeschlossen ist. Doch es gibt bereits zusätzliche Schwierigkeiten. Auch im unteren Laderaum, der „bisher als in Ordnung galt“ ist noch „eine Emissionsquelle vorhanden“, heißt es in der Presseerklärung der Landesregierung. Auf deutsch: Auch dort liegen beschädigte Fässer. Kommentar auf Seite 8

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