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Asbest an der Bremer Uni

■ Ohne besonderes Aufsehen werden in der Universität die Asbest-Ritzen verschmiert

Zu Zeiten der Gründung der Bremer Reform-Uni war man einmal ganz stolz auf das Baukasten-System der Zwischenwände: Räume sollten nach Bedarf neu abgeteilt, vergrößert oder verkleinert werden. Die Lust an dem hellhörigen Reform -System ist den Hochschulmitgliedern schon in den 70er Jahren schnell vergangen, inzwischen ist es aber auch aus anderen Gründen aus mit der Freiheit des Wände-Verschiebens: mit einer Asbestschicht sollten bestimmte Wände besonders feuerfest gemacht werden, und die Fugen sind ausgerechnet mit Asbest-Schnüren abgedichtet. Ein Umbau derartiger Zwischenwände wäre nur unter aufwendigen Sicherheits -Vorkehrungen durch Spezialfirmen, mit Plastik-Plane und Absaug-Vorrichtung möglich.

Ausgerechnet in der Werkstatt des Studiengangs Arbeitslehre/Politik fiel Beschäftigten auf, daß aus einer beschädigten Zwischenwand der verdächtige Staub herausrieselte. Das Baudezernat der Uni mochte das Problem zunächst nicht anfassen, aber unter anderem der Personalrat gab keine Ruhe. Der Sicherheitsingenieur Bibow, dem der Fall unterbreitet wurde, hat inzwischen zwei Aktenordner „Asbest“ im Büro. „Wir sind dabei, erst einmal aufzunehmen, wo überall Asbest verwendet wurde.“ Die Bremer Uni besteht aus Beton und Plastik, und in dem großen Gebäude GW 2 wurde überall zum Brandschutz aus Sicherheitsgründen - Asbest verwandt. Brandschutzklappen an den Lüftungskanälen waren aus Asbest, im „Zentralbereich“ waren die Heizungsverkleider aus Asbest. Am Verwaltungshochhaus sind die Außenplatten aus Asbest-Zement, sie sollen erst einmal mit einer neuen Außenhaut aus frischer Farbe überzogen werden.

Im Gebäude der Chemiker und Biologen war vor 14 Tagen die Asbest-Spezial-Firma Käfer. Die GlasbläserInnen mußten ihre Schutzhandschuhe abgeben - Asbest, und konnten mitansehen, wie ihre Arbeitstische, an denen sie jahrelang täglich gearbeitet hatten, von Männern in Schutzkleidung unter Plastikfolien verpackt und abtransportiert wurden. Sie sind aus asbesthaltigem Eternit.

Vor einigen Wochen hatten die Reinigungsfrauen zusammen mit dem Personalrat gedroht, ihre Arbeit einzustellen: Die Brandschutztüren, hinter denen die Putzmittel abgestellt werden, sind aus dem besonders gefährlichen Blauasbest. Das eingeschaltete Institut für Werkstofftechnik empfiehlt „dringend“ die „sofortige Verschließung des Einzugsbereiches dieser Türen...“ Sie sind seitdem mit einer Folie verklebt und geschlossen.

Ein vollständiges Asbest-Kataster, aus dem ersichtlich wäre, wo überall dieser Stoff verbaut wurde, ist noch lange nicht in Aussicht. Die vollständige „Entsorgung“ dürfte auch bis weit ins 21. Jahrundert dauern, meint der Sicherheitsingenieur Bibow. Und so ist er fürs erste froh, wenn das Geld für „Sofortmaßnahmen“ da ist. Im Werkraum Arbeitslehre/Politik im GW2 stehen Bauarbeiter in Schutzanzügen, um die Asbest-Ritzen in der Deckenabdichtung und an den Zwischenwänden mit einer Silikonpaste zu verschmieren, bevor die Studenten nichtsahnend aus den Semesterferien zurückkommen.

K.W.

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