: Kontrolle über Rüstungskonzerne
■ SPD legte Gesetzentwurf zur Kontrolle der Rüstungsausgaben vor / Bundesrechnungshof soll die von den Konzernen angegebenen Preise überprüfen / 1986 und '87 rund 15 Mrd. DM ohne Kontrolle
Bonn(afp/ap) - Die SPD willl den Rüstungsfirmen bei der Preis- und Gewinnkalkulation genauer auf die Finger schauen. Die Sozialdemokraten legten einen Gesetzentwurf vor, der sicherstellen soll, daß der Bundesrechnungshof die von den Unternehmen angegebenen Selbstkostenpreise überprüfen kann. „Der Verteidigungsetat“, so der Haushaltsexperte der SPD, Helmut Esters, „dürfe nicht ausgenommen werden wie eine Weihnachtsgans.“ Der Rechnungshof in den USA besitze diese Kontrollfunktion seit langem, der Schweizer Rechnungshof jetzt ebenfalls.
Nach Angaben des SPD-Parlametariers entziehen sich ungefähr 50 Prozent des vom Bund an die Rüstungsindustrie vergebenen Auftragsvolumens - 1986 circa 7,8 Milliarden und 1987 etwa 6,7 Milliarden Mark - einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle. Esters erklärte für spezielles militärisches Gerät würden mangels Wettbewerb auf der Grundlage des öffentlichen Preisrechtes Verträge zu sogenannten Selbstkosten abgeschlossen. Nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts rechneten die Unternehmer ihre Kosten unter Aufschlag einer garantierten Gewinnmarge ab. Das vorherrschende Prinzip dieses Systems sei: Je höher die Kosten, desto größer der Gewinn. Dem Bundesrechnungshof (BRH) als der einzigen „unabhängigen“ Instanz seien eigene Preisprüfungsrechte bis heute verwehrt. Er dürfe nur „Prüfungsakten am Schreibtisch durchsehen“, aber keine Erhebungen am Firmenort vornehmen.
Sein Versuch, dem BRH ein Kontrollrecht einzuräumen, werde zwar von allen Kollegen des Haushaltsausschusses mitgetragen, aber insbesondere vom Bundeswirtschaftsminister „torpediert“.
Die Notwendigkeit des Gesetzesvorhabens unterstrich Esters auch mit Hinweis auf die geplante Fusion von Daimler-Benz mit dem Luft- und Raumfahrtunternehmen Messerschmitt-Bölkow -Blohm (MBB). Von den gesamten Rüstungsvorhaben in Höhe von 212 Milliarden Mark im produktiven Teil - darunter 35 Milliarden Mark für den Entwicklungsbereich - würden nach dem Zusammenschluß 108,2 Milliarden Mark (50,8 Prozent) sowie 21,1 Mrd. Mark (60,6 Prozent) im Entwicklungssektor auf Daimler-Benz/MBB entfallen. Der SPD-Entwurf ist nach seinen Worten „so ausgefeilt“, daß er im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist.
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