Oostzee: Kein Land in Sicht

■ Die Bergung der 4.000 Fässer Epichlorhydrin ist auch gestern nicht vorangekommen / „Greenpeace“ fordert Evakuierung

Brunsbüttel (taz) - Auch gestern konnten die 4.000 Giftfässer des niederländischen Frachters „Oostzee“ nicht geborgen werden. Das Giftschiff wurde weiter „entlüftet“, während die Vorbereitungen für die Bergung „auf Hochtouren“ laufen. Am heutigen Freitag soll nun Entscheidendes passieren. Zunächst sollten nach dem für Freitag morgen geplanten Auftakt der Bergungsarbeiten 280 Paletten mit Sand von Bord des Frachters geholt werden, wie der Brunsbütteler Hafenkapitän Horst Dietze am Donnerstag mitteilte. Wann die leckgeschlagenen Fässer umgeladen werden könnten, sei bislang „reine Spekulation“.

Eine Bergungsfirma begann am Donnerstag damit, das Gerät für die Entladung der mindestens 120 beschädigten Fässer mit Epichlorhydrin heranzuschaffen. Unter Anleitung von Chemie -Spezialisten des Unternehmens Dow Chemical, das das Epichlorhydrin herstellt, sollen die leckgeschlagenen Fässer in gasdichte Überfässer verpackt werden. Wann die Fässer verpackt seien und von Bord geholt werden könnten, konnte Dietze nicht sagen. „Ich kann da keine Prognose abgeben. Aber Hauptsache, wir fangen erst mal an“, sagte der Hafenkapitän.

Greenpeace hat gestern eine niederschmetternde Bilanz aus der „Oostzee„-Krise gezogen und die Evakuierung des Ortes Neufeld gefordert. Die Umweltschützer kritisieren, daß das Umladen der beschädigten Giftfässer auf der bewegten See riskant und von den Wetterbedingungen abhängig ist. „Wenn der Wind morgen wie angekündeigt aus Süd-Süd-West weht, ist noch in minidestens fünf Kilometern Entfernung eine Gfahr nicht auszuschließen, Neufeld und Umgebung müßten evakuiert werden“, sagte Greenpeace-Chemiker Klaus Lanz. Der Krisenstab avisierte einen Sicherheitsradius um das Schiff von nur 60 Metern, obwohl auch das Kieler Umweltministerium Gefahren in mehreren Kilometern Entfernung nicht ausschließen will.

Wie hilflos die schleswig-holsteinischen „Experten“ der Krise begegnen, beweist der heillose Kompetenzwirrwarr vor Ort: Keine offizielle Stelle überwacht die Vorgänge an Bord der Reede liegenden „Oostzee“. Für begleitende Messungen fühlte sich, so Greenpeace, niemand zuständig. Es fehle an einem Wasserschutz- und Arbeitsschutzkonzept für die Wach und Bergungsmannschaften auf dem Schiff, dessen Reeder zugleich Eigner der beteiligten Bergungsfirmen „Smit Tak“ und „Harms“ sei.