piwik no script img

Israelis verschleppen Hisbollahführer

■ Scheich Abdel Karim Obeid aus dem Libanon entführt / Nachbar erschossen / Drei Männer mit Hubschrauber ausgeflogen / Israel bestätigt Aktion / Obeid sei „festgenommen“ worden / Der Scheich soll in die Entführung des UNO-Beobachters Higgins verwickelt sein

Beirut (ap/taz) - Ein israelisches Kommando hat einen Führer der schiitischen Organisation Hisbollah aus Südlibanon nach Israel verschleppt. In der Nacht zum Freitag landete im Schutze der Dunkelheit ein Hubschrauber in einem ausgetrockneten Flußbett nahe dem Dorf Dschibschit, berichtete die libanesische Polizei. Das Kommando, dem zwölf Mann angehörten, umstellte das Haus in dem Obeid wohnte, und klopfte an die Tür. Als geöffnet wurde, stürmten die Männer der Polizei zufolge in den zweiten Stock, wo sich der Scheich, seine Frau, sein Cousin Achmed und ein Freund mit dem Namen Madschid Fahs aufgehalten hätten.

Die drei Männer wurden verschleppt, die Frau gefesselt und mit zugeklebtem Mund in einem Zimmer eingeschlossen. Beim Verlassen des Hauses wurde die Gruppe von einem Nachbarn überrascht, der Obeid habe zu Hilfe eilen wollen. Die Israelis hätten ihn mit einem Schuß in den Kopf getötet, hieß es.

Nach weiteren Angaben des Polizeisprechers hat die Amal -Miliz über die Lautsprecher von Minaretten Alarm geschlagen, aber die Entführung nicht verhindern können. Die Aktion der Israelis soll höchstens eine halbe Stunde gedauert haben. „Niemand hat Schüsse oder irgendetwas gehört“, berichtete ein Nachbar.

Der Pressesprecher der israelischen Armee hat die aus Beirut gemeldete Entführung des schiitischen Geistlichen gestern bestätigt. Eine israelische Militäreinheit habe den Scheich „und zwei seiner Mitarbeiter festgenommen“, hieß es. Im Verlauf der Operation habe die Armee-Einheit keine Verluste erlitten, wurde ergänzt. Der israelische Rundfunk berichtete, entgegen Angaben der libanesichen Polizei habe es ich bei dem Erschossenen nicht um einen Nachbarn Obeids, sondern um dessen Leibwächter gehandelt.

Der 33jährige Scheich Obeid ist der Imam des Dorfes Dschibschit und gehört nicht zu der Führungsmannschaft der Hisbollah. 1983 hatte er die Nachfolge des Imams Scheich Ragheb Harb angetreten, einer der Symbolfiguren des Widerstands gegen die israelische Besatzung des Südlibanons, der im gleichen Jahr von israelischen Soldaten getötet wurde. Scheich Obeids Name war mehrfach im Zusammenhang mit Entführungsfällen genannt worden.

Unter anderem soll er in die Entführung des am 17. Februar 1988 in Südlibanon verschleppten US-Generalleutnants William Higgins verwickelt sein, den seine Kidnapper als CIA-Agenten bezeichneten. Aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete, Higgins sei nach seiner Verschleppung für kurze Zeit in Obeids Wohnung versteckt worden. Amal-Milizionäre hätten versucht, die Befreiung des Offiziers zu erzwingen, seien aber von Hisbollah-Kämpfern abgewehrt worden. Higgins sei daraufhin in ein anderes südlibanesischen Dorf und später nach Beirut gebracht worden. Aus libanesischen Quellen hieß es auch, Higgins habe unter Folter Aussagen über CIA-Aktivitäten im Libanon gemacht. Obeid selbst hat wiederholt bestritten, daß er der proiranischen Hisbollah angehöre. Dschibschit liegt außerhalb der von Israel kontrollierten sogenannten Sicherheitszone. Israelische Einheiten haben in diesem Monat bereits zwei Mal libanesisches Gebiet nördlich der Sicherheitszone betreten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen