USA distanzieren sich von Contras

■ Die US-Regierung stimmte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einer Resolution zu, die militärische Hilfe für mittelamerikanische Guerillabewegungen verbietet/Bush setzt lieber auf die Wahlen in Nicaragua

New York (afp/ap/taz) - Die USA haben am Donnerstag im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einer Mittelamerika -Friedensresolution zugestimmt und damit erste klare Absatzbewegungen von den bisher fast bedingungslos unterstützten Contra-Rebellen in Nicaragua gemacht. In der einstimmig angenommenen Sicherheitsrat-Resolution wird die Einstellung der ausländischen Militärhilfe für alle Guerillabewegungen in Mittelamerika gefordert, eine nicht -militärische Hilfe aber weiter zugelassen. Weiterhin soll eine UN-Friedenstruppe eingerichtet werden, um Contra -Angriffe in Nicaragua zu verhindern.

Für die USA lobte Botschafter Herbert S. Okun die Entscheidung der nicaraguanischen Regierung, im Februar nächsten Jahres Wahlen abhalten zu lassen. „Wir erklären erneut unsere Absicht, die Ergebnisse dieser Wahlen zu respektieren, wenn sie frei und fair vonstatten gehen“, sagt Okun.

Kernpunkt der Resolution ist die Aufforderung, die irregulären Kampfverbände aufzulösen, umzugruppieren und in ihre jeweilige Heimat zurück zu schicken. Alle ausländische Hilfe, außer der humanitären, soll sofort eingestellt werden. Hatten die USA bisher immer darauf bestanden, die Sandinisten müßten für einen Abzug der Contras erst einen Forderungskatalog zur „Demokratisierung“ erfüllen, ist von derartigen Bedingungen in der Resolution nicht mehr die Rede. Diplomaten werteten die Resolution als Versuch, die Friedensbemühungen der mittelamerikanischen Regierungen zu unterstützen. Deren Präsidenten wollen sich nächstes Wochenende in Honduras treffen, um über die Umsetzung des 1987 in Guatemala beschlossenen Friedensplanes zu beraten. Contra-Gegner in den USA hatten in den vergangenen Wochen kritisiert, daß die Bush-Administration trotz des zentralamerikanischen Friedensplans auf der wirtschaftlichen und politischen Ebene den Krieg gegen die Sandinisten fortführe und eine Lösung hinauszögere. Im Kongreß wurde bereits Widerstand gegen eine abzusehende offene Einmischung der USA in die für Februar 1990 geplanten Wahlen in Nicaragua laut. Im Juni ließ die Bush-Administration durchsickern, man berate über den besten Weg, die Opposition in Nicaragua finanziell und politisch zu unterstützen. Die nicaraguanische Oppositionszeitung „La Prensa“ war schockiert: „Nichts könnte Daniel Ortega mehr wünschen, als gegenüber der Welt klagen zu können, die CIA helfe der Opposition, die ja sowieso nur eine Art zivile Contra sei und sich an den „Imperialismus“ verkauft habe“.

Die Einwilligung der Sandinisten, die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen abzuhalten, hat die Richtlinien der US-Nicaraguapolitik verschoben: die bewaffneten Contras sind nicht länger wichtigstes Mittel Washingtons, um das soziale Experiment der Sandinisten in Nicaragua in die Knie zu zwingen. Die Contras sollen allenfalls als Einsatzreserve und Druckmittel dienen. Bush und Baker geht es vielmehr darum, die Wahlen als unfair gegenüber der Opposition darzustellen und die Sandinisten als undemokratische Herrscher zu denunzieren. „Die Bush-Administration will diese Wahlen behindern und zum Scheitern bringen“, sagt Dennis Marker von der Friedensgruppe „Witness for Peace“. Die zivilen Contra-Führer, die den Kampf gegen die Sandinisten bislang von Miami aus führten, sollen in möglichst großer Zahl nach Managua zurückkehren. „Die Contras sind ein obsoletes Konzept im Arsenal der Bush Administration“, kommentiert der Lateinamerika-Experte Larry Birns vom Washingtoner „Council on Hemispheric Affairs“ (COHA). Deswegen wird gegenwärtig in Washington erwogen, die Mittel für die Contra-Büros in den USA ganz zu streichen, nachdem sie im Frühjahr auf 250.000 Dollar im Monat halbiert worden waren. Die Bush-Administration hat gegenüber den Contras den Standpunkt vertreten, der militärische Druck auf die Sandinisten hätte eine politische Öffnung geschaffen nun gelte es, diese Chance wahrzunehmen. Gleichzeitig werden Regierungsvertreter, allen voran Vizepräsident Dan Quayle, nicht müde, die Wahlen schon im Voraus als Farce zu diskreditieren. Mehrere Studien des Kongresses und zahlreiche internationale Institutionen, darunter die Vereinten Nationen und der Oberste Wahlrat Venezuelas haben Nicaraguas Wahlgesetz hingegen als angemessen bezeichnet. COHA weist darauf hin, daß das Wahlgesetz von El Salvador der dortigen Opposition wesentlich mehr Beschränkungen auferlegt als die Regelungen in Nicaragua. Die Kritik der Bush-Administration „entbehrt jeder Objektivität und setzt nur den aus den Reagan- Jahren gewohnten Doppelstandard fort“, kommentiert der „Council“.

Stefan Schaaf