: „Musikland“ aufm Dorf
■ Musikfestival gastierte in Stellichte
Hatte der Konzert-Reigen des „Musikland Niedersachsen“ bislang die großen Säle oder Kirchen der Städte zwischen Winsen und Wolfsburg zum Ort der Handlung gemacht, so ging es am Freitag auf's Dorf. Das Nomos-Quartett konzertierte in der ehemaligen Rittergutskapelle Stellichte bei Walsrode (Landkreis Soltau-Fallingbostel). Die Organisatoren hatten mit dem 1608 entstandenen Renaissance-Bauwerk ein Kleinod ausgemacht, das dem jungen Streichquartett einen prächtigen Rahmen gab.
In der prachtvoll ausgestatteten kleinen Kirche mit der berühmten de Mare-Orgel war den Musikern der Teil vorbehalten, wo auf kostbaren Bänken hinter reich verzierter Abtrennung zum Volk die Herren von Gut Stellichte dem Gottesdienst beiwohnten. Das hereinfallende Abendlicht in der durch keine elektrischen Lampen verunzierten Kirche tat ein übriges, um das Konzert zu einem Erlebnis werden zu lassen.
Beflügelt durch das Ambiente, demonstrierte das Nomos -Quartett mit Mozarts G-Dur Streichquartett, Weberns „Fünf Sätzen
für Streichquartett“ und Schuberts Streichquartett d-moll sein inzwischen internationales Renommee. Fröhlich und lebendig gestalteten die seit 1984 zusammenspielenden Musiker das Mozart-Quartett, bestachen durch dichten, seidigen Klang und mutig differenzierte Dynamik und Tempi. Couragiert war auch die Entscheidung, das sperrige, in freier Tonalität gestaltete und aufs äußerte konzentrierte Werk dem Weberns folgen zu lassen. Das Publikum in der vollbesetzten Kirche nahm auch dies begeistert auf.
Im verlöschenden Abendlicht war Schuberts düsteres d-moll -Quartett „Der Tod und das Mädchen“ der abschließende Höhepunkt. Das Quartett brillierte in den Kontrasten von schwermütigen, klagenden Motiven, schwärmerischen und verspielten Passagen, schwelgend in Klangfarben und einem furiosen Finale. Das Publikum erklatschte und ertrampelte ein Mozert-da-capo. Ein da-capo für das Nomos-Quartett und die wunderschöne Gutskapelle sollte es auch beim „Musikland 1990“ geben.
Michael Buckup
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen