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Modernisierungsverlierer wählen REPs

Studie der Freien Universität Berlin prognostiziert Etablierung der „Republikaner“ / Wir dokumentieren eine Zusammenfassung seitens der FU  ■ D O K U M E N T A T I O N

„Die Republikaner sind eine rechtsextreme Partei, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik richtet. Sie vertreten völkische und nationalistische Ziele, schüren Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhaß, machen die demokratischen Parteien und ihre Repräsentanten verächtlich und wollen die Pressefreiheit und die Tarifautonomie zerschlagen.“ Zu diesem Urteil kommt Dr. Richard Stöss, Privatdozent am Zentralinstitut für Sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, aufgrund umfangreicher Analysen des Parteiprogramms und weiterer Veröffentlichungen der REPs. (...) Zur Zeit spricht daher nach Auffassung des FU-Parteiforschers nichts dafür, daß die Republikaner bald wieder von der politischen Bühne verschwinden: „Das Fünf-Parteien-System wird sich konsolidieren.“ Ein Schwerpunkt der Untersuchung beschäftigte sich mit den Wählern der neuen Rechtspartei. „Weder die Partei noch ihre Wähler sind Nazis“, betont Dr.Stöss und macht damit deutlich, daß bei der Erklärung der spektakulären Wahlerfolge schlichte Deutungsmuster versagen.

Unter sozioökonomischen Gesichtspunkten sind die Republikaner eine Partei der „kleinen Leute“. Sie finden überdurchschnittliche Resonanz in Dienstleistungszentren und in urbanen (auch klein- und mittelstädtisch geprägten) Regionen, die weithin durch moderne Industrien, wirtschaftliche Prosperität, starken sozialen Wandel, hohe Mobilität und abnehmende Milieubildung gekennzeichnet sind. Zumeist hat hier die CDU/CSU eine außerordentlich erfolgreiche Modernisierungspolitik betrieben. Die überdurchschnittlich jungen REP-Anhänger zählen jedoch in der Regel nicht zu den Nutznießern dieser Politik, sondern eher zum unteren Drittel der Gesellschaft, das unter den negativen Begleitumständen der Modernisierung leidet und für sich keine Berufs- bzw. Zukunftsperspektiven sieht. (...) Sie wohnen oft in von der Stadtpolitik vernachlässigten unwirtlichen Arbeitervierteln mit schlechter Bausubstanz und mangelnder Infrastruktur. Während die Regionen insgesamt durch eine breite, gut verdienende Mittelschicht geprägt sind, leiden die Anhänger der Republikaner eher unter dem hohen Preisniveau, steigenden Mieten und drohender Privatisierung von Wohnraum. Die Attraktivität der Regionen zieht Arbeitssuchende, Ausländer und Asylanten an, die sich in den einfachen Quartieren niederlassen und zur weiteren Verschärfung der Verhältnisse beitragen. Entscheidend für den Wahlerfolg der Republikaner scheinen in erster Linie also nicht absolute, sondern relative Deprivation, nicht Armut und soziales Elend, sondern Disparitäten zwischen „Modernisierungsverlierern“ und „Modernisierungsgewinnern“ zu sein.

(...) Mit Blick auf politische Einstellungen und Wertorientierungen lassen sich die Anhänger der Schönhuber -Partei als betont autoritär-konservativ und weithin auch als antidemokratisch beschreiben. Sie haben klare Feindbilder und sind deutlich stärker als die Bevölkerung insgesamt durch eine „Law-and-order-Mentalität“, durch antisemitische und ausländerfeindliche Haltungen geprägt. (...) Trotz der antidemokratischen Tendenzen bei den Republikanern rät Stöss von einem Parteiverbot ab. (...) Durch administrative Maßnahmen ließen sich die Ursachen für antidemokratisches Denken und Handeln kaum beseitigen. (...) Die Auseinandersetzung müsse sich auf der politischen Ebene vollziehen. (...)

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