Zum Beispiel Leipzig

„Ein Mädchen aus meiner Berufsklasse ist mit einem Schwarzen befreundet. Die beiden verstehen sich prima und verlieben sich ineinander. Ein paar Monate geht alles gut. Sie wird ein paarmal vom ihm im Betrieb abgeholt. Natürlich sehen das auch ihre Kollegen und Meister ihrer Ausbildungsabteilung. Daraufhin wird mit ihr ein Gespräch geführt. Ihr wird nahegelegt, die Beziehung abzubrechen, mit der Begründung, daß ein zukünftiges Parteimitglied (sie ist Kandidatin der SED) sowohl im Berufsleben wie auch im privaten Leben ein Vorbild für die anderen zu sein hat. Außerdem wurden auch ihre Eltern (beide SED-Mitglieder) benachrichtigt. Ihr Vater ist viel im kapitalistischen Ausland beschäftigt. Er erzählt ihr, daß er so lange nicht ins Ausland fahren darf, bis sie ihre Beziehung gelöst hat. Mittlerweile ist sie im dritten Monat schwanger. Auch ihre Kollegen sparen nicht mit Bemerkungen, und so gibt sie schließlich auf, läßt sich das Kind abtreiben und bricht jeglichen Kontakt zu ihrem Freund ab. Etwas später bricht sie auf Arbeit zusammen.

Das hört sich an wie eine utopische Geschichte, wo doch gerade in der DDR so viel gegen Rassismus und Apartheit gewettert wird.“

aus: 'Umweltblätter‘ 4/89, Ost-Berlin