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„Böser Schabernack“

■ Zwei Jahre auf Bewährung für Musiker wegen fahrlässiger Tötung der Ehefrau

Wegen fahrlässiger Tötung seiner Ehefrau wurde ein 57jähriger Orchestermusiker gestern zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Wie berichtet, hatte der Mann im Verdacht gestanden, seine 56jährige Frau im Oktober vergangenen Jahres mit Brennspiritus übergossen und angezündet zu haben. Die Frau hatte zwei Monate auf der Intensivstation gelegen, bevor sie schließlich an den Folgen der Brandverletzungen gestorben war.

Bei der Urteilsverkündung zeigte sich, daß die 28. Strafkammer der Aussage des Angeklagten im wesentlichen gefolgt war. So ging das Gericht davon aus, daß der Musiker die Brille seiner Frau repariert hatte und den Brennspiritus zum Reinigen verwendet hatte. Dabei war die Flasche umgekippt und Spiritus in der Menge eines Wasserglases in den Schoß seiner Frau gelaufen. Zwischen den beiden Eheleuten, die in Bademänteln am Tisch gesessen hatten, hatte sich ein Wortgefecht entsponnen: „Du stinkst wie ein Spirtiskocher“, hatte der Angeklagte gesagt, woraufhin die Frau erwidert haben soll: „Dann zünd ihn doch an.“ Der Angeklagte hatte tatsächlich ein Streicholz entzündet, nach Auffassung des Gerichts allerdings nicht, um seine Frau anzuzünden, sondern aus „bösem Schabernack“. Das Streichholz war der Frau in den Schoß gefallen, und sie hatte sofort in Flammen gestanden. Das Gericht ging davon aus, daß das Streicholz „nicht vorsätzlich“ fallen gelassen wurde.

Dem Musiker, der zur Tatzeit laut Gutachten 3,8 Promille Alkohol intus hatte, wurde eine verminderte Schuldfähigkeit zugestanden. Strafmildernd wertete das Gericht, daß er bislang ein „geordnetes Leben“ geführt hatte. Wie berichtet, hatte der Mann viele Jahre in verschiedenen Orchestern Posaune gespielt und erst zu trinken angefangen, als er im Frühjahr 1987 arbeitslos wurde. Strafverschärfend schlug sein „blanker Leichtsinn“ zu Buche: Obwohl er unter Alkohol stand, hätte er die Gefahr für Leib und Leben seiner Frau vorhersehen müssen, stellte der Gerichtsvorsitzende Häger fest.

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