: Im Osten viel Neues
■ V O R L A U F
Am vergangenen Samstag startete die Nordkette (NDR, SFB und Radio Bremen) ihre Woche der Sowjetunion, in der bis zum 6.August 40 Eigen- und Kaufproduktionen einen Einblick in eines der zur Zeit weltpolitisch interessantesten Länder gewähren. Im Anschluß an mu. m. m., das über die MIR Caravane berichten wird, beginnt um 21.00 Uhr der Spielfilm Mein Freund Iwan Lapschin, ein typisches verzögertes Projekt, das erst in den letzten Jahren von Glasnost und Perestroika realisiert werden konnte. Der Film wurde bereits 1970 geschrieben, konnte aber erst 1984 gedreht und 1986 zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden.
Schon der erste Film des Regisseurs Alexej German, Straßenkontrolle, wurde sofort verboten, nachdem er abgedreht war. Erst 1976 konnte er seinen zweiten Film Zwanzig Tage ohne Krieg produzieren. 1984 drehte er dann sein bitteres Gesellschaftsporträt der sowjetischen dreißiger Jahre: Iwan Lapschin, ehemaliger Teilnehmer am Bürgerkrieg, verfolgt als Leiter eines kleinstädtischen Kriminalamtes gnadenlos die ortsansässigen Kriminellen. Solowjew, der Gangsterboß und Mörder, kann dem Kommissar aber immer wieder entwischen. Erstaunlicherweise gibt es in diesem sowjetischen Spielfilm nicht nur Mörder und Verbrecher, sondern noch einen Kommissar Lapschin, der eine Schauspielerin liebt, die wiederum einen Journalisten liebt, der sie nicht liebt. Die im Nichts endenden menschlichen Beziehungen sind für Alexej German das zentrale Anliegen des Films. Was noch mehr erstaunt, ist die Ankündigung des NDR, die ein Ende wie im „klassischen Western“ verspricht.
Mit einem der prominentesten Opfer des Stalinismus beschäftigt sich der darauffolgende Beitrag Zeugen der Zeit: Pierre Frank. Jean Pierre Hammer und Lutz Mahlerwein befragten den Leibwächter und Sekretär Leo Trotzkys nach dessen persönlichen Erlebnissen sowie nach Einschätzungen, warum der Gründer der Roten Armee seinem Widersacher Stalin unterlegen war. NDR, Bremen, SFB: Mein Freund Iwan Lapschin, UDSSR 1984, 21.00 Uhr; Zeugen der Zeit: Pierre Frank, 22.35 Uhr
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