: Hizbollah warnt USA vor Angriff
■ Cicippio-Entführer verlängerten erneut Ultimatum / Geisel fleht auf Video-Band, Obeid freizulassen und sein Leben zu retten / US-Flotte „wohlweislich“ Teil der Planungen, sagt US-Präsident Bush
Beirut/Washington (ap) - Die Entführer des US-Bürgers Joseph Cicippio haben am Donnerstag ihr Ultimatum erneut um vier Stunden verlängert. Cicippio, der von der libanesischen „Revolutionären Gerechtigkeitsorganisation“ festgehalten wird, sollte um 16Uhr MESZ getötet werden, falls bis dahin der von Israel aus Südlibanon verschleppte Schiitengeistliche Scheich Abdul Karim Obeid nicht wieder frei ist. Diese Frist wurde in einer Erklärung auf 20Uhr verlängert. Auf einem beigelegten 90sekündigen Videoband fleht Cicippio Israel an, Obeid freizulassen und damit sein eigenes Leben und das anderer Geiseln zu retten.
Auch die schiitische Hizbollah-Bewegung meldete sich am Donnerstag zu Wort und drohte mit Vergeltungsmaßnahmen, falls die USA für die Befreiung von Geiseln in Libanon Militär einsetzen. Am Mittwoch hatte Präsident George Bush angekündigt, er werde in dem Bemühen um eine Lösung der Geiselkrise im Nahen Osten nichts unversucht lassen. Die 6. US-Flotte im Mittelmeer sei „wohlweislich“ in die Planungen einbezogen. Präsident Bush sollte sich „millionenfach“ überlegen, ob er sich auf ein Abenteuer mit der US-Flotte im östlichen Mittelmeer einlassen wolle, sagte Scheich Abbas Mussawi, ein maßgeblicher Hizbollah-Führer, vor Journalisten in einem Armenviertel Südbeiruts. Er glaube nicht, daß Bush die 241 US-Marineinfanteristen vergessen habe, die bei dem Anschlag am 23. Dezember 1983 auf dem Flughafen von Beirut getötet wurden. In schiitischen Kreisen im Libanon hieß es, man erwarte, daß die Geiselnehmer Cicippios auf Ersuchen Irans und Syriens von einer Hinrichtung absehen würden, um einer Konfrontation mit den USA aus dem Wege zu gehen. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Margaret Tutwiler, sagte, man sei erfreut über eine Erklärung des iranischen Präsidenten Haschemi Rafsandschani, der die mutmaßliche Tötung von Higgins und die Entführungen als terroristische Geiselnahmen verurteilt habe.
Unterdessen traf der Chef der UN-Friedenstruppen, Goulding, in Beirut mit dem geistigen Führer der Hizbollah, Scheich Fadlallah, zusammen. Goulding soll Nachforschungen über die mutmaßliche Ermordung des amerikanischen Offiziers Higgins anstellen sowie dessen Leiche freibekommen.
Während die USA trotz ihres Flottenaufmarsches in der Geiselfrage zunächst einmal auf Diplomatie setzen, hat der Senat die Regierung aufgefordert, eine Studie über die Möglichkeiten anfertigen zu lassen, wie die Geiseln im Libanon aufgespürt und befreit werden könnten.
Der frühere Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, Lee Hamilton, vertrat in der Debatte die Ansicht, das Aufspüren von Geiseln sei für US -Geheimdienste schon immer schwierig gewesen. Er sagte, die Geiseln in Libanon würden dauernd an andere Orte verlegt. Siehe auch Seite 7
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen