: Spion in der Horchkugel?
■ In Tempelhof stationierter US-Offizier wegen Spionageverdachts verhaftet / West-Berlin, eine US-Antenneninsel / Alle Telefone können abgehört werden
Ein US-Luftwaffenoffizier, der auf dem Flughafen Tempelhof mit der Überwachung sensibler Radarsysteme betraut war, ist letzten Monat seiner Funktionen enthoben und in den USA unter Hausarrest gestellt worden. Nach Informationen der 'Washington Post‘ und der US-Fernsehgesellschaft NBC vom Wochenende soll der 33jährige Hauptmann John Wladimir Hirsch, streng vertrauliches Material über die Tempelhofer Abhörstation der Air Force an einen Geheimdienst verkauft haben.
Der vor vier Jahren errichtete Horchposten in Tempelhof gilt als eine der modernsten Abhöranlagen des US -Geheimdienstes NSA (National Security Agency), die Informationen über Funkverkehr und Radaraktivitäten im Ostblock sammelt. Der US-amerikanischen Fernsehstation zufolge sind bei einer Durchsuchung von Hirschs Berliner Wohnung Fotos von NATO-Einrichtungen, als geheim eingestufte Papiere und Bankauszüge über 120.000Dollar gefunden worden. Hirsch, gebürtiger Tschechoslowake, erhielt mit 15 die US -Staatsbürgerschaft und trat 1979 in die Luftwaffe ein. Seit September vorigen Jahres arbeitete er als Elektronikingenieur und Wartungstechniker in Tempelhof. Laut NBC versagte Hirsch bei einem Lügendetektortest. Außerdem würden Auslandsreisen überprüft, die Hirsch in den letzten drei Jahren unternommen habe. Gegenwärtig werde Hirsch auf einem texanischen Luftwaffenstützpunkt verhört.
Noch ist unbekannt, welchen Geheimdienst Hirsch mit Informationen über den Lauschposten versorgt hat. Doch sicher ist, daß die Station zu einem Herzstück des weltweiten Abhörnetzes der NSA gehört, vor dem weder Satelliten noch Unterseekabel sicher sind. Was die insgesamt 100.000 Mitarbeiter alles aufzeichnen, haben die Gesprächsveröffentlichungen der US-Dienste um die Politaffären Absturz/Korea-Jumbo, LaBelle-Attentat und deutsche Giftgasfabrik in Libyen erwiesen. In der BRD ist das NSA-Horchnetz besonders eng geknüpft: 20 Anlagen des US -Geheimdienstes überwachen den Nachrichten- und Flugverkehr nach Osten und auch nach Westen, streng abgeschirmt durch Stacheldraht, Video und alliierte Sonderrechte. Die NSA -Horcher zeichnen nicht nur sowjetischen Militärfunk und Radarsignale auf, auch die Richtfunkstrecken der Bundespost, auf denen rund ein Drittel der Telefongespräche geführt werden, sind kein Problem.
In West-Berlin stehen Lauschantennen auf dem Teufelsberg und am Columbiadamm in Tempelhof, außerdem pendeln mit Abhörtechnik vollgepfropfte Flugzeuge durch die Luftkorridore. Vom Teufelsberg aus wird Richtung Westen gelauscht, die US-Dienste können jedes Berliner Telefongespräch mithören. Der Tempelhofer Antennenball gewährt elektromagnetische Einblicke bis zum Ural. Er gilt als vorgeschobenster Ost-Horchposten der Amerikaner, weil er moderner ist als die US-Antennenwälder in der Türkei. Allein in Berlin beschäftigt der Geheimdienstgigant NSA, so stand es in einer NSA-Titelgeschichte des 'Spiegel‘, rund 600 handverlesene Mitarbeiter, während es der CIA nur auf 60 bringt.
In das Top-Secret-Areal auf dem Teufelsberg gelangte die Öffentlichkeit bisher nur einmal. Als dort 1986 ein Aktenvernichter (!) explodierte, transportierten Polizei und Feuerwehr 34 Verletzte ab.
kotte
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