: „Propaganda-Maschine“
■ Flugstreichungen: Bonn will Alliierte gegen Senat mobilisieren / Auch die Bonner SPD kritisiert Senat
Der Streit um den Berlinflugverkehr stürzt das politische Verhältnis zwischen Bonn und Berlin in heftige Turbulenzen. Bundessenatorin Heide Pfarr warf der Bundesregierung am Sonntag vor, mit ihrer Kritik an der geplanten Streichung von 36 Flügen eine „Propagandamaschine“ gegen Berlin in Gang zu setzen. Die Interessen der BerlinerInnen spielten überhaupt keine Rolle. Bonn gehe es nur darum, dem rot -grünen Senat „am Zeug zu flicken“.
Verkehrsminister Friedrich Zimmermann (CSU) erklärte im Gegenzug, der Senat betreibe „Berlin-Demontage“ und kündigte an, er werde sich an die Alliierten wenden, damit sie die Streichung der 36 wenig ausgelasteten Flüge nicht genehmigten.
Mittlerweile haben die Berlin-Fluglinien zugesagt, die Vorschläge des Senats „vorurteilslos zu prüfen“. Das erklärte der Sprecher der Senatsverkehrsverwaltung Göbel. Im November tritt der Winterflugplan in Kraft, in dem nach dem Willen des Senats die Streichungen bereits gelten sollen.
Ohne jede Bewertung haben die zivilen Luftfahrtattaches der drei Westalliierten auf die Pläne des Senats reagiert. In einer am Freitag abend in Bonn veröffentlichten Erklärung heißt es, die Alliierten wollten sicherstellen, daß die gute Qualität der Flugverbindungen von und nach Berlin erhalten bleibe, wobei Maßnahmen zum Schutz der Umwelt in angemessener Weise ergriffen werden sollten. Die Attaches hätten die Fluggesellschaften bereits am 26.Mai informiert, daß mit der Gestaltung des Flugplans Ausnahmen vom Nachtflugverbot vermieden werden sollten.
Skepsis gegenüber den Senatsplänen zeigte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Wilfried Penner. Er mahnte den Senat, die „besondere Qualität“ des Luftzugangs zur Stadt zu beachten. In der 'Neuen Presse‘ (Hannover) nannte er die Frage der Wege nach West-Berlin „politisch besonders sensibel“. Es sei nicht möglich, die Streichung von Flügen allein auf das Argument des Lärmschutzes zu stützen.
Der frühere Innensenator Heinrich Lummer appellierte an die drei westlichen Alliierten, notfalls „die Notbremse zu ziehen“. CDU-Oppositionsführer Eberhard Diepgen erklärte, Berlin werde vom rot-grünen Senat als Experimentierfeld mißbraucht.
ap
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