piwik no script img

Die Anderen

■ The Times: Lockerung von Reisebeschränkungen für Osteuropäer

The Times

Die konservative englische Tageszeitung beschäftigt sich mit der Lockerung von Reisebeschränkungen für Osteuropäer und wirft Westeuropa vor, darauf nicht vorbereitet zu sein:

Generationen westlicher Politiker haben auf kommunistische Diktaturen Druck ausgeübt, um ihre Bürger reisen und auswandern zu lassen ... Der Westen hat sich jedoch wenig Gedanken darüber gemacht, was ein Erfolg dieser Bemühungen bedeutete ... In diesem Jahr werden in der Bundesrepublik 350.000 Volksdeutsche aus Osteuropa ankommen und 80.000 aus der DDR. Letztes Jahr waren es insgesamt 240.000. Alle haben das verfassungsgemäße Recht auf Staatsbürgerschaft ... Die Konsequenzen daraus wiegen schwer ...

Während Hundertausende Osteuropäer auf die politische Liberalisierung und das wirtschaftliche Chaos reagieren, lassen Polen, Ungarn und Jugoslawen etwas anschwellen, was wie eine massive Völkerwanderung von Ost nach West aussieht. Diese Menschenwelle bewirkt ernste Spannungen innerhalb des Ostblocks und droht ähnliches in den Beziehungen zwischen Ost und West zu bewirken. Ungarns Beschluß vom Mai, seine 350 Kilometer Eisernen Vorhangs abzubauen, erboste seine konservativen Nachbarn. Die Ankündigung aus Budapest, daß Ungarn sich die Gewährung politischen Asyls für Auswanderer aus der DDR überlege, wird sie wütend machen.

Es ist auch wahrscheinlich, daß die Ermöglichung legaler Auswanderung von der DDR in den Westen aus Ungarn ein Tor zum Wohlstand macht. Das wird dem Westen, besonders der Bundesrepublik und Österreich, Kosten bescheren, die in die Milliarden gehen, und eine Belastung für den Wohnungsmarkt und die öffentlichen Dienste bedeuten ... Der Westen kann dem Abbau der Sperren im Osten nur applaudieren, steht jedoch jetzt der Frage gegenüber, ob er seine eigenen aufbauen soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen