piwik no script img

Oostzee zur Entsorgung nach Holland?

Krisenstab will Giftfrachter nach Holland abschieben / Greenpeace erwägt Verhinderungsaktion / Gefahren „nicht abschätzbar“ / Wurde verseuchtes Wasser in die Nordsee gepumpt?  ■  Aus Hamburg Sven-Michael Veit

Als „unverantwortlichen Leichtsinn“ bezeichnet Carsten Redlich, Mitarbeiter der Umweltorganisation Greenpeace, die Absicht des Brunsbütteler Krisenstabes, den Giftfrachter „Oostzee“ baldmöglichst nach Holland zurückzuschicken. Der Leiter des Krisenstabes, der Kieler Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Thomas, hatte am Sonnabend angekündigt, daß „irgendein leistungsstärkerer niederländischer Hafen die weitere Entsorgung übernehmen soll“.

Nach Ansicht von Greenpeace ist die Abschiebung des Schiffes „kriminell“. Die Gefahren, die von den Fässern mit der hochgiftigen Chemikalie Epichlorhydrin und vom kontaminierten Stauholz auf dem Unterdeck der Oostzee ausgehen, seien zur Zeit „nicht einschätzbar“. Nach Angaben von Greenpeace wurden bei jüngsten Messungen im Unterdeck mehr als 30 ppm Epichlorhydrin nachgewiesen. Unbedenklich sind nach Behördenmeinung weniger als drei ppm. Carsten Redlich schließt nicht aus, daß Greenpeace die Oostzee am Auslaufen hindern wird.

Inzwischen wurden im Hafen von Brunsbüttel mehrere tausend Liter verseuchten Wassers aus dem Schiffsrumpf gepumpt, das in den nächsten Tagen in Spezialcontainern zum Stader Werk der Chemiefirma Dow Chemical gebracht werden soll. Gleichzeitig wurde die Bergung weiterer demolierter Fässer fortgesetzt, unbeschädigte Behälter wurden neu verstaut. Währenddessen hat ein Chemiker der Hamburger Handelskammer Proben aus den Lenzpumpen der Oostzee entnommen, weil der Verdacht besteht, daß die Mannschaft des Schiffes vor Beginn der Bergungsarbeiten verseuchtes Wasser in die Nordsee gepumpt haben könnte.

Seit Samstag abend liegt ein Lotse auf der Intensivstation des Brunsbütteler Krankenhauses, der über Augenreizungen und Halsschmerzen geklagt hatte. Er hatte auf dem zypriotischen Frachter „Lady Sky“ Dienst gehabt, der fünf Tage in unmittelbarer Nähe der Oostzee im Hafen lag. Er wird prophylaktisch auf Epichlorhydrin-Vergiftung behandelt, obwohl die Ursache seiner Erkrankung noch unklar ist. Die restliche Besatzung der Lady Sky ist nach Angaben ihres Kapitäns wohlauf. Zur Zeit wird noch untersucht, ob der Sand auf Deck der Lady Sky von der Oostzee stammen könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen