: Ausbildungsplätze „nur für Deutsche“
■ Arbeitsämter nehmen bei Vermittlung von Lehrstellen auf Arbeitgeber-Wunsch den Vermerk „keine Ausländer“ auf / Ausländerbeauftragte fordert Streichung
„Zwei Zimmer mit Küche und Bad; nur an Deutsche zu vermieten“ - was man bislang nur vom freien Wohnungsmarkt kennt, ist offenbar seit Jahren gängige Praxis bei der Vergabe von Lehrstellen und Ausbildungsplätzen. „Keine Ausländer“ oder „Nur Deutsche“ - diese Vermerke finden ausländische Jugendliche unter der Rubrik „Einstellungsvoraussetzungen“ und „Besondere Hinweise“, wenn sie bei der Berufsberatung nach einem Ausbildungsplatz suchen. Einem jungen Türken platzte schließlich der Kragen. Er beschwerte sich bei der Ausländerbeauftragten, die wiederum die Arbeitsämter gestern aufforderte, solche Vermerke umgehend aus den Dateien zu streichen.
Nach Darstellung des Berliner Landesarbeitsamtes handelt es sich bei den Vermerken lediglich um „Arbeitshilfen“ für die Berufsberater. Es würde ebenso notiert, wenn ein Betrieb ausdrücklich nur ausländische Lehrlinge wünsche, erklärte Pressesprecher Johannes Kernbach. Man wolle sich „die Gedanken von Frau John aber trotzdem durch den Kopf gehen lassen“.
Eine Stichprobe der Ausländerbeauftragten an den Bildschirmen der Berufsberatung ergab, „daß mindestens jede fünfte Stelle mit einem solchen Vermerk versehen ist“. Relativ häufig sei der Hinweis „Keine Ausländer“ oder „Nur Deutsche“ in den Berufssparten Friseur, Maler und Lackierer aufgetaucht. Offenbar werden die diskriminierenden „Einstellungsvoraussetzungen“ vom Arbeitsamt ohne weiteres aufgenommen, wenn der Anbieter, also der Arbeitgeber, darauf besteht.
Bei ihrem Besuch hatte die Ausländerbeauftragte zwar den Eindruck, daß auch die Mitarbeitern bei dieser Praxis leichtes Unwohlsein verspürten. Man befürchte jedoch im Arbeitsamt, daß Arbeitgeber freie Lehrstellen nicht mehr melden, wenn die Aufnahme solcher Vermerke verweigert wird.
Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) hielt sich die Entrüstung über diese Praxis in Grenzen. Gerade kaufmännische Firmen hätten eben Vorbehalte gegenüber Ausländern, da für eine Ausbildung nun einmal gute Deutschkenntnisse Voraussetzung seien, erklärte der Abteilungsleiter für Berufsbildung der IHK, Schokotoff. Die Forderungen der Ausländerbeauftragten nach Streichung dieser Vermerke mochte Schokotoff erst nach längerem Überlegen unterstützen. Das sei ja doch „fast eine Diskriminierung“, stellte er fest.
anb
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen