: Tierisch sportlich
■ Bei der Polo-Weltmeisterschaft auf dem Maifeld zahlt der Senat 500.000 Mark und der kluge Bürger keinen Eintritt / Staatssekretär Kuhn: Einmal und nie wieder
Einsamer Mann. Hinter sich die Weite des Maifelds, vor sich einen Mirkofonständer, daneben ein Protokollbeamter, begrüßt er uns alle. „Mit unverbindlichen Worten“, wie er hinterher sagt, und dem kleinen Schlenker, es sei erfreulich, daß auf englischem Rasen „Argentinier gegen Engländer spielen“.
Gar nicht „süß-säuerlich“ ('Bild‘) wirkt Hans-Jürgen Kuhn bei der Eröffnung der „2. offiziellen Polo -Weltmeisterschaft“, eher routiniert. Dabei ist der Staatssekretär der Alternativen Liste nur eine Notlösung. „Kein Senator, kein Bürgermeister?“ fragen die Presseleute. Nein, erklären die Organisatoren, weder Senator noch Bürgermeister. Nur der Staatssekretär. Absicht? Brüskierung?
Zeigt sich die rot-grüne Regierung nicht nur autofeindlich, fehlt es ihr auch an Tierliebe? Im Urlaub weilt Schirmherr der Regierende Walter Momper ebenso wie Sybille Volkholz, so einfach ist das. Bleibt die bange Frage: Kommt der Alternative im Sweatshirt, in Turnschuhen? Nichts von alledem, „Cola“ Kuhn erscheint in Jacket mit Binder, und nach der Ansprache ißt er tatsächlich im VIP-Zelt mit Messer und Gabel. Selbst NOK-Präsident Willi Daume findet da, dieser Senat „ist besser als sein Ruf“.
Dabei würde es das edle Spiel der Herrenreiter nicht geben in Berlin, ginge es nach den Neuen. Die Polo -Weltmeisterschaft ist sportpolitische Altlast, 498.000 Mark Ausfallbürgschaft stellt der Senat, und die werden gebraucht. Nur das stört Kuhn, nicht der Pferdesport. All die schönen weißen Zelte für bessere Gesellschaft gehen ja ein in die Kosten einer solchen Veranstaltung, weshalb der Staatssekretär nicht einzusehen vermag, „daß wir subventionieren, wie die ihren Hummer reinziehn“.
Es gibt aber auch Würstchen (2,50 Mark) und Eis (1,50 Mark), und wer sich die Beine vertreten will kommende Woche, kann ja mal vorbeischauen auf dem Maifeld hinter dem Olympiastadion. Seit 1936 gibt es dieses „schönste Polo -Stadion der Welt“, wie Poloisten immer wieder schwärmen. Wer hingegen beim Anblick der Architektur an ein militärisches Aufmarschgelände denkt, ist selber schuld. Die britischen Besatzer, immerhin „Hausherren“, benutzen es so, einmal im Jahr fahren bei der Geburtstagsparty für die Queen Panzer tiefe Furchen ins Grün.
Bezahlt wird die Gartenarbeit aus den Kosten für die Alliierten, weshalb nur recht und billig ist, daß Rentner, Schüler, Studenten und alle, die sich für solche ausgeben, keinen Eintritt (heute und Donnerstag sowieso) bezahlen bei der Polo-WM. Umsonst und draußen, tierisch sportlich.
-thöm
Gespielt wird am Montag, Donnerstag (mit dem Hit Argentinien - England), Freitag bis Sonntag (Finale) jeweils ab 13 Uhr.
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