Die Bundeswehr soll schrumpfen

Stoltenberg nennt Reduzierung möglich / Beschluß aber von Wiener Abrüstungsverhandlungen abhängig  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Verteidigungsminister Stoltenberg hält eine Reduzierung der Bundeswehr auf 400.000 Mann für möglich. Die Bundeswehr müsse umgestellt werden, um „den drastisch veränderten demographischen Bedingungen“ Rechnung zu tragen. So werde allein in den sechs Jahren von 1987 bis 1993 die Quoten der Musterungsjahrgänge von 450.000 auf 250.000 Wehrpflichtige sinken.

Über eine Truppenreduzierung werde aber erst dann entschieden, so der Minister in einem Gespräch mit der 'Welt am Sonntag‘, wenn bei den Verhandlungen über konventionelle Abrüstung in Wien „verbindliche Abmachungen erzielt sind und die Gewißheit besteht, daß die Sowjetunion diese auch durchführt“. Ein weitergehender Bericht der Illustrierten 'Bunte‘ wurde gestern vom Bundesverteidigungsministerium zurückgewiesen. Danach soll Stoltenberg dem Generalinspekteur Admiral Dieter Wellershoff bereits den schriftlichen Auftrag erteilt haben, die Bundeswehr bis 1995 auf 400.000 Mann zu verkleinern. Das Magazin hatte ferner behauptet, Wellershoff solle noch im Herbst ein Konzept vorlegen, wie die 400.000 verbleibenden Soldaten auf Heer, Marine und Luftwaffe verteilt werden könnten. Aus den Vorgaben des Ministers werde auch hervorgehen, daß es 1992 keine Verlängerung des Wehrdienstes von 15 auf 18 Monate geben werde. Auf der Bonner Hardthöhe hieß es gestern dazu, Stoltenberg wolle Fortsetzung auf Seite 2

lediglich die gegenwärtige Bundeswehrplanung daraufhin überprüfen lassen, ob neue Entwicklungen neue Entscheidungen nötig machten. In diesem Zusammenhang prüfe Wellershoff mehrere Möglichkeiten,

darunter auch die Größe des Friedensumfangs. Eine Zusage, daß der Wehrdienst nicht verlängert werde, gebe es auch nicht.

Nach Informationen der 'Deutschen Presseagentur‘ dpa wird die Bundeswehr im nächsten Jahrzehnt aber unabhängig vom Ausgang der Wiener Verhandlungen von jetzt 456.000 aktiven Soldaten auf 400.000 oder 420.000 sinken. Unter dem Druck der zurückgehenden Jahrgangsstärken und wegen des Geldmangels bewegten sich die Vorstellungen der Militärs in diesen Größenordnungen, so soll es gestern zuverlässig in Regierungskreisen geheißen haben. In diesem Fall, will 'dpa‘ von den Allierten erfahren haben, werden auch Nato -Verbündeten, insbesondere die Vereinigten Staaten, „in bestimmten Relationen ebenso ihre Truppenstärke verringern“.