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Walesa will Polens Regierungschef werden

■ Polen soll ihn „rufen“ / Kiszczak wirft das Handtuch und schlägt Malinowski zur Regierungsbildung vor / Doch der Bauernchef hat kaum Chancen

Warschau (dpa/ap/taz) - Staatspräsident Wojciech Jaruzelski hat gestern in die polnische Regierungskrise eingegriffen. Jaruzelski appellierte an die Führer der wichtigsten politischen Kräfte des Landes, zu gemeinsamen Beratungen zusammenzutreten, um eine vernünftige Lösung zu suchen.

Der Solidarnosc-Vorsitzende Lech Walesa erklärte unterdessen, er sei bereit, das Amt des Ministerpräsidenten zu übernehmen, „wenn die Gesellschaft es wünscht“. Sein Vertrauter Jaroslaw Kaczynski hatte zuvor erklärt, Walesas Lob für den Verzicht von Czeslaw Kiszczak auf das Amt des Regierungschefs bedeute nicht, daß er Kiszczaks Vorschlag unterstütze, den Bauernparteivorsitzenden Roman Malinowski mit der Regierungsbildung zu betrauen.

Malinowski ist dem alten Regierungsapparat eng verbunden und zudem in seiner eigenen Partei umstritten, die zu einem nicht unwesentlichen Teil für mehr Distanz zur PVAP und für eine Koalition mit Solidarnosc plädiert.

Selbst der Fraktionsvorsitzende der Bauernpartei im Sejm, Aleksander Bentkowski, kommentierte Kiszczaks Vorschlag mit den Worten, er zweifle, ob Malinowski die Nominierung überhaupt annehmen würde, und zwar wegen der geringen Chance, die Solidarnosc dafür zu gewinnen. Eine Solidarnosc -geführte Regierung sei die beste Lösung.

Während Bentkowskis Vorschlag auf eine Allparteienkoalition hinausläuft ist die Demokratische Partei mit ihrer Meinungsbildung schon ein Stück weiter: sie sprach sich gestern deutlich für eine Koalition unter Vorsitz von Solidarnosc und unter Ausschluß der kommunistischen Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) aus.

Der kommunistische General Kiszczak hatte nach dem Scheitern seiner Bemühungen um die Bildung einer Regierung am Montag seinen Rücktritt angekündigt. Der Rücktritt muß aber erst noch von Staatspräsident General Wojciech Jaruzelski genehmigt werden. Mit der jüngsten Entwicklung scheint in Polen alles auf eine große Koalition unter Einschluß der PVAP und unter Führung der Solidsarnosc hinauszulaufen.

Der Vorschlag Malinowski zum Regierungschef zu machen scheint unrealistisch, deutet aber darauf hin, daß die PVAP prinzipiell dazu bereit ist, die Führung der Regierung abzugeben. Nach der Entscheidung der Demokratischen Partei und der Zerstrittenheit der Bauernpartei hat nur ein Solidarnosc-Ministerpräsident begründete Aussichten, eine mehrheitsfähige Mannschaft zu bilden.

eis

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