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Nicht eine neue Kripo-Zentrale fehlt, es fehlen Konzepte

■ Im Streit um den Neubau einer Kriminalzentrale am Flughafen Tempelhof wehrt sich die AL-Abgeordnete Lena Schraut gegen den Vorwurf, die Alternative Liste betreibe einen Rückfall in das kriminalistische Mittelalter: Zentrale ja, aber kleiner

„Die Verhinderung des Baus der neuen Kripo-Zentrale durch die AL, ist ein Rückfall in die Krimimalitätsbekämpfung des 16.Jahrhunderts“, wetter die Konservative Polizeigewerkschaft im Beamtenbund. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sekundierte: „Alle politisch Verantwortlichen der Stadt sollen sich konsequent für den Neubau der Kripo -Zentrale einsetzen.“ Noch nicht entscheidungsreif, mischte sich vorsichtig der Landesgeschäftsführer der SPD, Lorenz, in die Auseinandersetzung um den Neubau der Kripo-Zentrale am Tempelhofer Damm ein. Den Zoff ausgelöst hatte die AL -Abgeordnete und Sicherheitsexpertin ihrer Fraktion, Lena Schraut. Sie will „lieber Wohnungen bauen, statt die monströse 330Millionen Mark teure Kripo-Zentrale“. Aber da steht der große Koalitionspartner SPD vor: Die Kripo -Zentrale wird gebaut, erklärte noch letzte Woche Innenstaatssekretär Borrmann. Vorfeldgeplänkel oder handfester Koalitionskrach? Fest steht zunächst nur eins: Im Juni hat der Haushaltsausschuß des Abgeordnetenhauses erstmal die Mittel für den Weiterbau gestoppt.

taz: Will die Alternative Liste den Bau der neuen Kripo -Zentrale verhindern?

Lena Schraut: Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum nach zehn Jahren Planungszeit ausgerechnet jetzt das Bauvorhaben in aller Eile vorangetrieben werden muß. Die Haushaltsituation ist gerade jetzt enorm schwierig: Es fehlen 70.000 Wohnungen; es müßen 14 asbestverseuchte Schulen saniert werden und weil das Geld fehlt, wird sich das über acht Jahre hinziehen. Bei allen Vorhaben müßen Abstriche gemacht werden. Nur das Bauvorhaben Kripo-Zentrale soll, wenn es nach den Wünschen der Polizei-Verbände und der Innenbehörde geht, ohne Abstriche gebaut werden. Berlin hätte dann ungeachtet seiner wirtschaftlichen und sozialen Probleme die größte und modernste Kripo-Zentrale in West -Europa.

Die Polizei-Verbände werfen der AL jetzt vor, mit ihrem Veto gegen den Weiterbau langfristig die Verbrechensbekämpfung zu behindern.

Die Verbrechensbekämpfung wird doch nicht so sehr durch fehlende Räume behindert als vielmehr durch fehlende Konzepte. Und da ist nicht nur die Polizei selber, sondern auch andere gesellschaftliche Instutitionen gefragt. Die Schädigung der Umwelt wird zum Beispiel ja nicht allein durch eine verschärfte Strafverfolgung verhindert. Immerhin hat die nicht vorhandene Zentralisierung der Kripo, die Polizei nicht daran gehindert, zeitweilig höchst erfolgreich im Berliner Bausumpf zu ermitteln.

Der Koalitionspartner SPD, vor allem die Innenbehörde, sieht das wohl anders. Innensenator Pätzold will erklärtermaßen den Weiterbau der Zentrale. Gibt es darüber ein Koalitionskrach?

Uns geht es nicht um einen Koalitionskrach. Uns geht es auch nicht um eine gänzliche Verhinderung des Baus, sondern uns geht es zum jetzigen Zeitpunkt um die Überprüfung. Klären muß der Haushaltsausschuß, ob das Bauvorhaben überhaupt in dieser Größenordnung durchgeführt werden muß. Es bleibt zu überprüfen, ob nicht auch kleinere Lösungen möglich sind. Es ist doch nicht einsichtig, warum eine Reihe von Untersuchungen, zum Beispiel von Umweltschäden, bei der Polizei durchgeführt werden müßen. Diese Labore könnten ja mit erweitertem Aufgabenspektrum und als eigenständige Behörde ganz woanders angesiedelt werden, etwa an den Unis. Sowas würde sich dann erheblich auf das Bauvolumen der Kripo -Zentrale auswirken.

Also doch Kripo-Zentrale - bloß eine Nummer kleiner?

Der Gedanke gefällt mir zwar nicht - ich würde die 330Millionen lieber woanders unterbringen - aber darauf wird es wohl hinauslaufen.

Interwiev: Till Meyer

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