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Radioaktives Wasser im Golf von Mexiko

Kraftwerksbetreiber beschuldigt, verstrahltes Wasser absichtlich abgelassen zu haben / Einstieg Mexikos ins Atomzeitalter wegen Ölreserven umstritten / AKW-GegnerInnen fordern Stillegung  ■  Von Reimar Paul

Berlin (taz) - Zehn Millionen Liter radioaktiv verseuchtes Wasser sollen aus dem ersten Atomkraftwerk Mexikos in den Atlantik geflossen sein. Das AKW Laguna Verde war erst im Juli endgültig ans Netz gegangen. Diese Zahl nannte Roberto Helier, Sprecher der „Koordination gegen Laguna Verde“. Helier beschuldigte die Kraftwerksbetreiber, das verstrahlte Wasser absichtlich abgelassen zu haben, nachdem es durch verrostende Leitungen verschmutzt und zur Kühlung des Reaktors nicht mehr zu gebrauchen war. Die Bundeskommission für Elektrizität (CFE), der das AKW gehört, gab lediglich den Ausfluß von 250 Litern radioaktiven Wassers zu.

Die Entscheidung Mexikos, der internationalen Atomgemeinde beizutreten, datiert von 1970. Das Land schwamm damals im Öl und schwelgte in Wohlstands- und Regionalmachtsträumen. Um „den technologischen Anschluß nicht zu verpassen“, holte die Regierung Angebote für ein Atomkraftwerk ein. Den Zuschlag für die Lieferung von zwei Druckwasserreaktoren a 500 Megawatt erhielt schließlich der US-Konzern General Electric.

Bis kurz vor Bauabschluß 1988 wurden noch entscheidende technische Veränderungen an dem AKW vorgenommen. So wurde in den fast fertigen Kraftwerksblock kurzerhand ein größerer Reaktorkern mit einer Leistung von 654 Megawatt eingebaut. Inzwischen hat man vier Milliarden Dollar in den Lagunensand gesetzt. In Mexiko gibt es seit Tschernobyl eine heftige Diskussion über Sinn und Unsinn der Atomenergienutzung in einem so hoch verschuldeten Land, das noch dazu über erhebliche Ölvorräte verfügt.

Mit der jetzt bekanntgewordenen Einleitung radioaktiven Wassers in den Golf von Mexiko sehen die mexikanischen AKW -GegnerInnen ihre schlimmsten Befürchtungen bereits jetzt bestätigt. In einem offenen Brief fordern die Umweltorganisationen den Präsidenten Salinas de Gortari auf, sich für die Stillegung von Laguna Verde einzusetzen.

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