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Ein Übungsdorf für den Krieg

■ Auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels in Bayern hat die US-Armee für ihre Kriegsspiele ein komplettes Dorf aufgebaut / Bis hin zum Friedhof ist alles vorhanden / SPD protestiert

München/Hohenfels (dpa) - Heftige Kritik am teuren „Kriegsspiel“ der US-Armee hat die bayerische SPD geübt. Auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels in der Oberpfalz haben die US-Streitkräfte für sieben Millionen Mark ein komplettes Dorf mit Rathaus, Kirche und Wirtshaus errichtet, das allein militärischen Übungszwecken dient. Für den SPD -Landtagsabgeordneten Max von Heckel ist dies eine „einzigartige Provokation“, die schleunigst verschwinden soll.

In einem Brief an Bundesverteidigungsminister Stoltenberg (CDU) fragt Heckel, ob hinter dem amerikanischen „Realismusbedürfnis“ etwa Pentagon-Planspiele über einen begrenzbaren Atomkrieg auf dem Gebiet der Bundesrepublik stünden. Stoltenberg soll darauf drängen, daß die geplanten Kriegsspiele „in typisch bayerischer Umgebung“ nie stattfinden werden. Für „Seibertsdorf“, benannt nach dem scheidenden US-Kommandeur des Truppenübungsplatzes, Gunter P. Seibert, gebe es sogar ein Ortsschild und neben dem Kirchturm auch einen richtigen Friedhof samt Grabsteinen.

Daß hier 32 Gebäude zu nichts anderem als allein zur Zerstörung geschaffen worden sind, ist für den SPD-Politiker auch angesichts der vielen wohnungssuchenden bayerischen Bürger ein Skandal. Heckel berichtete, die Häuser von „Seibertsdorf“ seien meist ausgebaut und hätten zum Teil sogar einen Keller. Die Oberfinanzdirektion Nürnberg hat inzwischen erklärt, das umstrittene „Häuserkampfdorf“ sei ausschließlich aus dem US-Militärhaushalt finanziert worden. Das entspreche der völkervertraglich geregelten Finanzverantwortung für Baumaßnahmen ausländischer Streitkräfte.

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