: Nur was zu verlieren
■ Daimler hat es leicht, die Fusions-Opfer ruhigzustellen - man ist schon jetzt übermächtig
Wer da wettert, die Fusion zwischen Daimler und MBB gehöre verboten, weil sich hier zu viel Macht zusammenballe, der argumentiert einfältig. Bereits heute sind die Konkurrenz und die Geschäftspartner Daimlers so erpressbar, daß keiner von ihnen mehr aufmuckt. Ausgerechnet der Verband, der noch am ehesten für die Zulieferindustrie sprechen kann, sagt trotz „grundsätzlicher Bedenken“ und „gravierenden“ Erfahrungen bei derlei Großfusionen „Ja“ zur Fusion. Andererseits warnen die Vertreter der übrigen Mittelstands -Organisationen wie der Handwerksverband, davor, weil die kleinen Unternehmen an die Wand gedrückt werden. Da ist was oberfaul.
Man muß kein Verschwörungstheoretiker sein, um hier zu konstatieren, daß die schwächsten Geschäftspartner Daimlers durch vorübergehende Zuckerbrot-Auftragshäppchen und der drohenden Kündigungs-Peitsche befriedet wurden; wie im übrigen ja auch auch die Bundesregierung die Rüstungskonkurrenz mit Optionen auf Bestellungen von dem abgehalten haben, was angesichts der Fusionspläne gerade bei ihnen jetzt angebracht wäre: Laut „Skandal, Skandal“ zu brüllen und kräftigst zu intervenieren.
Daß die Fusions-Opfer hier äußerst kurzfristig angelegte Hoffnungen hegen, liegt auf der Hand. Spätestens wenn der Deal über die Bühne gegangen ist, sind Daimler und Bonn in ihrer Auftragsvergabe wieder frei, und wer dann noch anfängt zu meckern, macht sich lächerlich. Natürlich werden die schwäbischen Lieferanten von Kleinteilen fürs Auto und den Düsenjäger registriert haben, wie sehr Daimler gerade mit seiner Mobilität drohte: Wenn es mit der Fusion nicht klappe, könne man sich ja immer noch nach ausländischen Partnern umsehen. Um wieviel leichter wäre es dann erst für den Konzern, von heute auf morgen im Ausland zu ordern, und die hiesigen Zulieferer auszubooten, wenn sie sich im Preis nicht gefügig zeigen. Entsprechende Drohungen werden noch wirksamer, wenn man nach Fusionen immer stärker flächendeckend in der Republik einkauft.
Aber warum sollen die Lieferanten schon heute zum Protest aufrufen, wenn dann das Geschäft sofort gestorben wäre. Die kleinen Daimler-Partner haben eben nur etwas zu verlieren, nichts zu gewinnen.
Ulli Kulke
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