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Kripo kriegt 650 Kilo Koks

■ Rekord bei Rauschgiftfahndung in der „Schneestadt“ Bremerhaven / Kolumbia-Connection im Geschäft

Bremer, Bremerhavener und Münchener Kripobeamte haben einen neuen deutschen Rekord in der Rauschgiftfahndung aufgestellt. In der Nacht zum Dienstag wurden im Münchener Schickeria-Stadtteil Schwabing 650 Kilo Kokain beschlagnahmt. Bei den aktuellen Schwarzmarktpreisen von ca. 300 Mark pro Gramm stellt die Gesamtmenge des in 28 Plastiksäcken verpackten „Schnees“ einen Wert von fast 200 Millionen Mark dar.

Die heiße Ware war am Montag nachmittag mit dem panamesischen Frachter „Don Juan V“ (1.500 BRT) in Bremerhaven angelandet. Sie lag unter der offiziell deklarierten Ladung „Quarzsand“ versteckt. Offensichtlich hatte die 15-köpfige Besatzung nicht die leiseste Ahnung, daß sie bereits seit einer Woche während ihrer Fahrt durch niederländische Gewässer von der Wasserpolizei observiert worden war. Völlig verdattert lie

ßen sich die südamerikanischen Seeleute am Dienstagmorgen von Beamten des LKA München und der Kripo Bremerhaven festnehmen. Alle waren am Abend zuvor unauffällig beobachtet worden, als sie die Rauschgift-Säcke von Bord brachten und in einem VW-Bus verstauten, der sich gegen 23 Uhr Richtung München in Bewegung setzte.

Um möglicherweise weitere Mitglieder und Hintermänner des Rauschgiftringes dingfest zu machen, hatten die Beamten zunächst auf einen Zugriff verzichtet und stattdessen die Verfolgung quer durch die Bundesrepublik aufgenommen. Als der Wagen am Dienstagmorgen um 6.30 Uhr in München eintraf, hatte der Fahrer jedoch offensichtlich Lunte gerochen. Mit Irrfahrten durch die Münchener Innenstadt versuchte er seine Verfolger abzuschütteln. In dieser Situation, so ein Sprecher des Münchener LKA gestern, habe man sich kurzfristig

zum Stopp des Busses entschlossen, um sich den Riesenfang nicht im letzten Moment noch durch die Lappen gehen zu lassen. Gegen 6.40 Uhr schlugen die LKA-Fahnder zu und verhafteten den Fahrer, den 44-jährigen Panamesen Alfonso C. Gleichzeitig überrumpelten Bremerhavener Kripo-Beamte in Bremerhaven die verschlafene Besatzung der „Don Juan“ und nahmen 14 Panamesen, Ecuadorianer und Chilenen im Alter von 27 bis 64 Jahren fest. Alle sitzen zur Zeit in Untersuchungshaft.

Obwohl der Plan, die Hintermänner schon bei der Übergabe des Stoffs in Schwabing zu stellen, scheiterte, sei man - so ein LKA-Sprecher gestern - „guter Hoffnung, auch die Drahtzieher noch zu erwischen“. Statt ihrer sitzt bislang ein 28jähriger Kolumbianer in Bremerhaven in U-Haft, der vermutlich völlig ahnungslos in den Riesen-Rauschgift-Deal verwickelt wurde. Er

hatte sich in Santa Martha an Bord der „Don Juan“ geschlichen in der Hoffnung, auf diese Weise kostengünstig in die USA zu kommen. Der ersten Enttäuschung bei der Landung in Bremerhaven am Montag folgte am Dienstag mit der vorläufigen Festnahme postwendend die zweite.

Die wahren Drahtzieher des Rauschgift-Coups vermutet die Polizei in dem berüchtigten kolumbianischen „Medellin-Rausch

gift-Kartell“, der wahrscheinlich mächtigsten Rauschgiftorganisation der Welt. In ihrer Heimat liefert sich der Dealerring mit einer eigenen Armee zur Zeit heftige Kämpfe mit Polizei, Armee und Regierung. Auch die Ermordung des liberalen kolumbianischen Präsidentschaftskandidaten, Luis Carlos Galan, wird auf das Konto der Medellin -Connection verbucht. Die LKA-Fahnder gehen davon aus, daß der Bremerhavener 13 Zentner-Kokain-Fund Teil einer generalstabsmäßig ge

planten Aktion ist, um den bundesdeutschen Rauschgiftmarkt in den Griff zu bekommen. Erste Hinweise auf die Aktivitäten des Medellin-Konzerns erhielt das LKA, nachdem im Juli am Münchener Hauptbahnhof ein kolumbianisches Pärchen bei der Deponierung von drei Kilo Kokain in einem Schließfach verhaftet worden war. Bei den Ermittlungen nach Hintermännern des Verteilerrings stießen die LKA-Beamten auf Medellin-Kreise. In ihrem Zusammenhang ergaben sich angeblich auch konkrete Hinweise auf die geplante Einfuhr von mehreren 100 Kilo Rauschgift auf der „Don Juan“. Dem Schiff geht es zur Zeit wie seiner Besatzung. Es sitzt in Bremerhaven fest. Einen Reparaturauftrag des schrottreifen Kahns lehnte die Seebeck-Werft Anfang der Woche noch ab: Die Werftmanager fürchteten, der Kapitän werde die Rechnung kaum bezahlen können.

K.S.

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