piwik no script img

Selbstjustiz

■ Zwei Skinheads stehen wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Jugendgericht / Einer der beiden Angeklagten nannte als Begründung für sein Verhalten eine Verwechslung

Zwei Skinheads im Alter von 20 und 21 Jahren müssen sich seit gestern wegen gefährlicher Körperverletzung vor einem Moabiter Jugend-Schöffengericht verantworten. Sie sollen am späten Abend des 11.November 1988 auf dem U-Bahnhof Wittenbergplatz ohne Grund gemeinsam mit weiteren Skinheads einen Passanten brutal zusammengeschlagen haben. Dem älteren Angeklagten wird außerdem fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Ihm wird angelastet, einer im neunten Monat schwangeren Frau, die sich zufällig in der Nähe der Schlägerei aufhielt, mit den Ellenbogen in den Bauch gestoßen zu haben.

Dieser Angeklagte, ein angehender Student der Umwelttechnik, erklärte vor Gericht, während des gesamten Vorfalls habe er nirgendwo eine schwangere Frau gesehen. Die weiteren Vorwürfe räumte er demgegenüber ein. Danach ist er mit seinem Schlagstock auf einen Fahrgast „losgegangen“ und hat ihm damit ins Gesicht geschlagen. Als der Mann schon am Boden lag, habe er ihn mit seinen Stiefeln in den Magen getreten.

Als Grund nannte der Skinhead eine Verwechslung. Er sei selbst im vorigen Sommer von mehreren Leuten übel verprügelt worden und glaubte in seinem Opfer aufgrund einer roten Brille einen der damaligen Schläger wiederzuerkennen. Ihm sei klar, sagte der Mann nach Befragen zu seinem Verhalten, daß eine derartige Selbstjustiz nicht in Ordnung sei. Aber wenn er wie an jenem Abend betrunken sei, habe er keine Lust zu diskutieren.

Die 24jährige schwangere Frau trug keine Verletzungen davon. Der andere Fahrgast war drei Wochen lang arbeitsunfähig. Er verlor mehrere Zähne und erlitt Blutergüsse an den Augen sowie Schwellungen im Gesicht.

dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen