: Neues Konzept für St. Marienkrankenhaus
■ Verhandlungen zwischen Gesundheitssenat und Träger über möglichen Erhalt des Krankenhauses in Kreuzberg 36 / Projektgruppe will jedoch umfassende dezentrale Gesundheitsversorgungund und befürchtet Umwandlung des St. Marien in ein Krankenheim
Erste-Hilfe-Einrichtung, kinderärztlicher Notdienst, umfassende Versorgung alter Menschen, Lehrküche, Ernährungsberatung und ein zufriedeneres Personal... Das neue Konzept der Projektgruppe „St. Marienkrankenhaus“ liest sich wie ein Weihnachtsgeschenk an Berlins „Problembezirk“. Mit ihren neuen Vorschlägen will die Projektgruppe, bestehend aus Vertretern verschiedener Kiezinitiativen und Organisationen, beweisen, daß eine umfassende, dezentrale medizinische Versorgung möglich ist - ohne große Apparate.
Mittlerweile ist auch in den Konflikt um eine mögliche Schließung des St. Marienkrankenhauses Bewegung gekommen in welche Richtung ist allerdings unklar. Nach Gesprächen zwischen Gesundheitsverwaltung, Caritasverband und dem Träger des Krankenhauses, der katholischen Stiftung „Maria Immaculata“, kann das Krankenhaus nach Angaben der Gesundheitsverwaltung möglicherweise erhalten werden. Gedacht wird offensichtlich an ein Mischkonzept aus Altenversorgung und Akutbetten. Mitarbeiter von Kiezinitiativen, die in den letzten Monaten vehement gegen die drohende Schließung des St. Marien protestiert hatten, zeigen sich von dieser Entwicklung allerdings wenig begeistert. Sie befürchten die Umwandlung in ein Krankenheim mit einigen wenigen Akutbetten.
Die Projektgruppe „St. Marien“ will mit ihrem vorläufigen Konzept das einklagen, was unter anderem in den Koalitionsvereinbarungen vorgesehen ist: Patienten sollen in ihrem Kiez in Einrichtungen und von Ärzten versorgt werden, die ihnen vertraut sind und die miteinander kooperieren. Zum Beispiel, wenn es um die Behandlung wohnungs- und arbeitsloser Suchtkranker geht. Ohne Zusammenarbeit mit therapeutischen Einrichtungen in Kreuzberg, die die Menschen nach dem Krankenhausaufenthalt aufnehmen, ist eine sinnvolle Behandlung kaum möglich - schon allein deshalb, weil „man die sonst nur auf die Straße entlassen kann“, so ein Mitarbeiter des Krankenhauses.
Auch die anderen geplanten Abteilungen des „Kiezkrankenhauses“ orientieren sich eng an der Situation der Bevölkerung. Da Kreuzberg Berlins jüngster Bezirk mit einem entsprechend hohen Anteil an Kindern ist, soll es im „Kiezkrankenhaus“ nicht nur eine abgestufte Versorgung für alte Menschen, sondern auch einen kinderärztlichen Notfalldienst geben. Auch teilstationäre Behandlung soll möglich sein: Die Eltern können zum Beispiel entscheiden, ob sie ihr Kind nachts mit nach Hause nehmen oder im Krankenhaus lassen wollen. Sowohl Notfalldienst als auch teilstationäre Behandlung will die Projektgruppe niedergelassenen Kinderärzten übertragen.
Mit ihrem Konzept will die Projektgruppe nicht nur eine Alternative zum Krankenheim, sondern auch zur Praxisklinik und zum Belegbettenmodell vorstellen. Die medizinische Versorgung in den Bereichen HNO und Augenheilkunde soll durch niedergelassene Ärzte in den Bezirken übernommen werden, aus denen auch die Patienten kommen: Kreuzberg und Nord-Neukölln.
Noch ist unklar, ob das „Kiezkrankenhaus“ Realität werden wird. An der Finanzierung, so glaubt die Projektgruppe, dürfte es eigentlich nicht scheitern. Man rechnet mit einem Kostensatz von unter 250Mark - ein im Vergleich zu anderen billiges Krankenhaus.
anb
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