: Rumänien: „Jedermanns Leben ist ein Alptraum“
■ Erschütternder Bericht eines rumänischen UN-Mitarbeiters über die Lebensbedingungen in Ceausescus Reich vorgelegt
Genf (ap) - Eine Untergliederung der Genfer UNO -Menschenrechtskommission hat am Dienstag den Bericht eines rumänischen Diplomaten veröffentlicht, der ein erschütterndes Bild der Lage in dem Balkanstaat zeichnet. Der Verfasser, Professor Dumitru Mazilu, hatte im Jahre 1986 den Auftrag erhalten, eine Studie über das Thema „Menschenrechte und Jugend“ zu schreiben.
Wie Mazilu in einem Begleitschreiben zu seinem kürzlich nach Genf geschickten Bericht mitteilte, haben die rumänischen Behörden ihm, nachdem er den Auftrag erhalten hatte, den Paß entzogen, ihn unter Hausarrest gestellt und ihn gezwungen, seinen Posten im Bukarester Außenministerium aufzugeben.
In seinem Bericht beschäftigt sich Mazilu ausschließlich mit der heutigen Lage in Rumänien und schreibt unter anderem: „Jedermanns Leben ist ein Alptraum, und dieser Alptraum erhält durch Furcht Dauer.“ Er nennt den rumänischen Staats- und Parteichef Nicolae Ceausescu nicht mit Namen, sondern umschreibt ihn mit den Worten „Der Führer“ oder „Der Diktator“. „Allein der Führer und seine Familie dürfen alles haben, was sie wollen, aber niemand hat das Recht zu fragen, wie sie es bekamen“, heißt es in dem Dokument. „Der despotischste Feudalherrscher der Vergangenheit ist im Vergleich zum heutigen allmächtigen Diktator nur ein blasser Schatten.“
Die Machthaber in Bukarest leisteten sich einen Luxus, wie ihn selbst die extravagantesten Monarchen nicht gekannt hätten. Im Gegensatz dazu lebten Millionen Rumänen wie in „Streichholzschachteln“ zusammengepfercht mit Löhnen, die ihnen nicht einmal das bescheidenste Existenzminimum sicherten. Sie seien verzweifelt auf der Jagd nach jedem Bissen Brot, um ihre Kinder ernähren zu können. Millionen Menschen seien durch die neue Agrarpolitik über Nacht enteignet worden. Viele hätten Selbstmord begangen, die Überlebenden seien „für immer gezeichnet“ durch die „Herrschaft des Irrsinns“.
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