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Trikolore über dem Libanon

■ Französische Flotte kreuzt im Krisengebiet / Angeblich humanitäre Aktion / Syrien: Frankreich provoziert / EG will demnächst Delegation nach Beirut schicken

Paris (taz) - Seit gestern weht die Trikolore über den Gewässern vor der libanesischen Küste. Die ersten sechs Einheiten der französischen Hilfsflotte bezogen am Abend Stellung am Einsatzort ihrer „humanitären Mission“. Alles andere als friedlich ist die Liste der entsandten Schiffe: Neben dem Flugzeugträger „Foch“ dümpeln zwei mit High-Tech bis zur Reling beladene Luftabwehrfregatten, ein U-Boot -Jäger, ein Versorgungstanker sowie ein kombiniertes Lande und Sanitätsschiff. Offizielles Ziel der Operation ist es nach den Worten Fran?ois Mitterrands, „Zivilisten aller Konfessionen“ medizinische Hilfe zu leisten und im Notfall die französischen Staatsbürger aus Beirut zu evakuieren.

Die letzten Seemeilen hätte die Flotte, so hieß es, im Schneckentempo zurückgelegt, um den französischen Diplomaten Zeit zu lassen, Verständnis für die Aktion zu wecken. Denn daran mangelt es bislang. Die EG beschränkte ihr gestriges Kommunique auf einen „dringenden Appell“ an alle Seiten, die Kämpfe einzustellen, ohne jedoch den französischen Aufmarsch gutzuheißen. Man werde eine Delegation nach Beirut schicken, hieß es lediglich, die sich in den nächsten Tagen über die Bedürfnisse vor Ort informieren soll.

Als Provokation wird Frankreichs Politik von Syrien und seinen Alliierten betrachtet. „Weshalb muß eine humanitäre Hilfe mit Kriegsschiffen gebracht werden?“ fragte Radio Teheran. Und Nabih Berri, der Chef der schiitischen Amalmiliz drohte, „jedes Schiff zu bombardieren, das sich der Küste nähert“. Bereits am Sonntag hatte eine „Revolutionäre Gerechtigkeitsorganisation“ angekündigt, Attentate auf französischem Boden zu verüben und weitere Geiseln umzubringen, falls es zu „Provokationen“ käme. Zuvor hatte eine Erklärung des französischen Premier Fortsetzung auf Seite 2

Kommentar auf Seite 8

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ministers Michel Rocard für Aufsehen gesorgt, in der er von einer Notwendigkeit sprach, „für die Dauer der humanitären Operation die Kanonen zum Schweigen zu bringen“.

Syrien, das seit knapp sechs Monaten die Zufahrtshäfen der christlichen Milizen blockiert, fürchtet, daß die französische Flotte zum Brechen der Blockade eingesetzt werden könnte. Denn dem christlichen General Michel Aoun scheint die Munition auszugehen.

Nachdem Aoun noch am Wochenende einen militärischen Einsatz Frankreichs gefordert hatte, scheint es den Diplomaten aus Paris inzwischen gelungen zu sein, Aoun umzustimmen: „Ich bin bereit, zu jeder Zeit an einem runden Tisch mit dem

anderen Lager über die Zukunft des Libanons zu diskutieren“, erklärte Aoun am Dienstag.

Inzwischen gehen die Gefechte in der libanesischen Hauptstadt weiter.

Bei Kämpfen an der Demarkationslinie zwischen dem moslemischen und dem christlichen Sektor südlich von Beirut sind am Dienstag abend erneut Zivilisten zu Opfern des Bürgerkriegs geworden, da die Schüsse auch in das von Schiiten bewohnte Vorortgebiet Südbeiruts einschlugen. Ein Kind starb, fünf weitere Personen wurden verletzt, verlautete aus Krankenhauskreisen. Am Mittwoch morgen begannen die syrischen Einheiten nach Angaben der Polizei im Morgengrauen mit ihrer inzwischen täglich vorgenommenen Bombardierung der „Christenhäfen“.

smo

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