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Fast eine Liebesbeziehung

Gespräch mit Michael Weisser, Organisator der „Bremer Tage der Computerkultur“, über die „Bremer Tage“ und die Perspektiven der Computergesellschaft  ■  hier bitte

das Foto

Mann mit Brille

taz: Wer oder was ist „Bremen aktiv“?

Michael Weisser: Im Kreativen Haus, einem Management -Bildungszentrum in Worpswede, hat sich einmal eine Gruppe getroffen, die nachgedacht hat über das Bremen-Image, das schlecht aussieht und wie man das verbessern könnte. Und dann habe ich vorgeschlagen, daß zwei Leute, nämlich Helmut Weyhe, der das Kreative Haus leitet, und ich, eine Initiative auf die Beine stellen, die wir „Bremen aktiv“ nennen, und

als erste Maßnahme werden wir „Die Bremer Tage der Computerkultur“ durchführen.

Diese Ausstellungen sind sehr anwendungsorientiert. Es werden Wände vollgehängt mit Grafiken, die Computer ausstoßen und die zufällig bunt und dekorativ sein können. Im Literaturbereich gibt es Gerede über Computer, in Fachzeitschriften oder Romanen. Der Frage, was Computer verändern am kreativen Prozeß, wird nicht nachgegangen.

Es gab einige Ansätze, Literatur mit dem Computer zu generieren, die wollten wir auch mit einführen, aber wir konnten natürlich nicht alle Aspekte erfassen. Es gibt noch tausend andere Aspekte, die wahnsinnig interessant sind, aber dafür haben wir so schnell keine Sponsoren gefunden. Man muß diese „Bremer Tage“ im Hinblick darauf sehen, daß wir damit eine Einführung gegeben haben, die einer Erweiterung bedarf. Ich plane, daraus eine Biennale zu machen, wo dann die Ausstellungskultur, Bilder, zurückgedrängt wird zugunsten anderer Ausstellungs formen.

Vielleicht ist das ja gerade das Problem von Veranstaltungen, die sich im wesentlichen auf Sponsoring stützen, daß nur für die bunten, dekorativen Veranstaltungen sich Sponsoren finden lassen und die kritischen Aspekte mangels Geldgeber unter den Tisch fallen.

Daß Firmen, die man dem großen Kapital zurechnen kann, eine kritische Diskussion „Kreative Computer“? finanzieren, das finde ich gut. Die Frage ist doch, macht man überhaupt nix, weil es keinen gibt, der die kritischen Aspekte bezahlt?

Was heißt denn überhaupt Computerkultur?

Ich fasse Kultur als die ganze Dimension des Menschen auf der Erde, oder auch im Weltall, was er in jeder Form an Design, also an gestalteter Umwelt produziert. Diese Trennung: Zivilisation als notwendige Dimension, als Technik, als mehr unmenschlich; und Kultur, höhere Dimension des menschlichen Seins, so wie das im humanistischen Bildungsideals formuliert ist, das seh ich nicht

mehr.

Der Computer zwingt einem nicht nur einen Arbeitstakt auf, der viel schneller ist als der der normalen Maschinen, sondern der Computer, und das ist das für mich grundsätzlich Neue, er konfrontiert den Menschen mit sich selbst. Wenn ich dem Computer irgendetwas eingebe, erscheint es erstens sofort, zweitens werde ich mit jedem Fehler in einem Programm mit meinen eigenen Fehlern konfrontiert, mit jedem Erfolg, den ich habe, mit meinem eigenen Können. Daher gibt es für viele zu ihrem Rechner eine Form von intensivster Beziehung, fast kann man von Liebesbeziehung sprechen.

In dem Moment, wo wir über kreative Computer diskutieren, fragen wir, was ist eigentlich Kreativität, wie setzen wir uns mit unserer Kreativität auseinander?

Wenn man bedenkt, wir hatten PCs in einem Preisbereich, daß sich jeder Haushalt einen leisten konnte, aber keiner wußte, was er damit anfangen soll. Jugendliche haben aus einer besonderen Form

von Neugierde sich einen gekauft, um zu prüfen, was kann ich damit machen. Das ist an sich eine irrsinnige Situation, daß man sich ein Produkt kauft, von dem man überhaupt noch nicht weiß, was man damit machen kann, nur weiß, irgendwas kann man schon damit machen. Weil im Rechner immer das Versprechen drinlag, du kannst etwas mit dir selber machen. Das ist eine neue Form von Narzißmus, die aufgetaucht ist.

Wenn man über Computerkultur redet, redet man auch über Kommunikation. Und verwendet dabei einen ganz eigenartig abstrakten, unsinnlichen Begriff von Kommunikation. So ist auch die Selbstreflexion am Computer, wenn sie denn tatsächlich stattfindet, eine eigenartig sinnenferne, vereinsamte Reflexionsform.

Das Bild der Vereinsamung, das hat man immer, wenn man sich konzentrieren muß, aber am Computer ist das nur beim Programmieren so. Aber wenn man sieht, wie viele Jugendliche gemeinsam an einem Rechner kommunizieren, da ist der Rechner viel kommunikativer als manch

anderes Spielzeug. Es gibt wahnsinnig viele Leute, die über den Rechner miteinander reden, deshalb gibt es auch so viele Computerclubs. Also diese Vereinzelung, die sehe ich nicht.

Das wiederholt doch nur die Kommunikationsform des Fan -Clubs mit anderen Inhalten. Daran läßt sich doch keine neue Form der Kommunikativität entdecken.

Zum Beispiel gibt es unheimlich viele Vorbehalte gegen das Musikmachen mit technisch hergestellten Instrumenten, aber eine Geige wird auch technisch hergestellt. Das ist nur ein Instrument, das uns einfach näher ist, weil es eine lange Geschichte hat. Wer von uns hat denn schon Umgang mit dem Rechner, die meisten haben keine Ahnung und haben unheimliche Angst davor. Ich denke aber, daß es wichtig ist, neugierig zu sein auf diesen Apparat, der unser aktuelles Leben so stark beeinflußt und beeinflussen wird. Und diese Neugierde will ich stimulieren durch diese Ausstellungen.

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