: Doch keine Autobahn-Heimstatt für Aussiedler
■ Gesundheitssenatorin Stahmer verzichtet doch auf Aussiedler-Container unter Autobahnbrücke in Wilmersdorf / Wegen Lärm und Abgasen „für längeren Aufenthalt nicht geeignet“ / Standort auch aus „Reserve“ genommen / Erst Presse dann Bezirk informiert
Die Gesundheitssenatorin wies gestern das für Aus- und Übersiedler zuständige Landesamt für zentrale soziale Aufgaben (Lasoz) an, auf Container unter der Autobahnbrücke an der Rudolstätter Straße ganz zu verzichten. Die „ständige Belastung durch Abgase und Lärm sei nicht zumutbar“.
Der Beschluß des Bezirks, direkt unter dem Autobahnkreuz und neben der Bahntrasse ein dreistöckiges Containerdorf für 200 Aussiedler zu errichten, war von Anfang an umstritten. Baustadtrat Szelag (AL) weigert sich bis heute, die Baugenehmigung zu erteilen. Dagegen hielten Bezirk, Lasoz und der Bausenat auch nach Lärm- und Abgasmessungen im Mai weiter am Standort fest. Noch auf einem Ortstermin Mitte August einigten sich die Ämter, die Freifläche für Aussiedler-Container zu nutzen („besser als Turnhallen“), obwohl die Senatsumweltverwaltung abriet: an der vorgesehenen Stelle herrsche „diffuser Lärm im erhöhten Pegelbereich“, der nachts und am Wochenende nur minimal vermindert sei. Außerdem liege der Standort „in Windrichtung von der Stadtautobahn“ - zusätzlich zum Lärmterror noch Abgasschwaden. Nachdem die „Autobahn als Bettdecke“ öffentlich sehr ruchbar geworden war, machte der Bezirk den Vorschlag, auf dem Parkplatz des Lasoz Container zu errichten. Dort solle zuerst gebaut werden, „die Autobahnbrücke aber als Reservestandort bleiben“. Im Lasoz war man von dieser Präferenz wenig begeistert, wohl aus Angst um Parkplätze. Lasoz: „Alle Möglichkeiten sind zu prüfen.“
Das wird das Bezirksamt nun intensiv tun müssen. Wegen des späten Rückziehers aus dem Hause Stahmer sind vier Monate verloren gegangen. Der Vertreter des Baustadtrats Hans -Jürgen Reinecke gestern sauer: „Das war nicht okay, der Vorgang ist seit Mai bekannt, außerdem haben wir erst durch die Nachrichtenagenturen vom Schritt der Senatorin erfahren.“ Im Gespräch sind nun ein Gelände am Stadtbad und der Parkplatz am Olivaer Platz. Der Parkplatz des Lasoz scheint aus dem Rennen. Dort soll jetzt ein Teil der vom rot -grünen Senat geplanten jährlich 7.000 (laut Senator Nagel 10.000) neuen Wohnungen errichtet werden.
kotte
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