: Sorgenkind Schienenverkehr
Lokführer vorzeitig aus Wehr- und Zivildienst entlassen? ■ Mit der BUNDESBAHN auf du und du
Frankfurt (dpa) - Die Bundesbahn zählt mit einer Verschuldung von 42,7 Milliarden Mark zu den größten Sorgenkindern unter den öffentlichen Betrieben. Der DB -Vorstand erwartet laut Wirtschaftsplan für dieses Jahr einen Fehlbetrag von 4,7 Milliarden Mark (1988: 3,93 Milliarden Mark). Seit 1982 unterstützt der Bund das Unternehmen mit rund 14 Milliarden Mark jährlich. Um das Defizit zu verringern, hat das Bundeskabinett im Februar diesen Jahres zudem beschlossen, von 1991 an die Altschulden der Bahn von 12,6 Milliarden Mark zu übernehmen.
Der Bahnvorstand hatte 1982 im sogenannten „DB-Konzept-90“ festgelegt, die Zahl der Eisenbahner bis 1990 auf rund 230.000 zu verringern. Begründet wird dies vor allem damit, daß die Personalkosten mit einem Anteil von 62 Prozent an den Gesamtausgaben vergleichsweise hoch seien. Derzeit hat die Bahn mit 242.000 Beschäftigten etwa 90.000 Arbeitskräfte weniger als 1979. Der Personalabbau hat allerdings zu einigen Engpässen geführt: Mehr als sechs Millionen Überstunden schoben die Eisenbahner nach einer Übersicht der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) bis Ende Juli vor sich her, ohne den dafür erforderlichen Freizeitausgleich zu erhalten.
Vor allem fehlen Lokführer und Rangierarbeiter. Jeder Lokführer habe durchschnittlich zwölf Arbeitstage an Überstunden angesammelt. Ursache sind nach Darstellung der Bahn außer fehlenden Planstellen insbesondere im Raum Frankfurt auch die hohen Wohnungsmieten, so daß die Bahn trotz Werbekampagnen kaum Arbeitskräfte findet. Die Bundesbahn hat deshalb beim Verteidigungsministerium beantragt, Lokführer vorzeitig aus dem Wehr- und Zivildienst zu entlassen. Nun sollen 600 Lokführer und 200 Rangierer eingestellt werden. Der bisherige Mangel ist nach GdED -Berechnungen die Ursache für die vielen Verspätungen vor allem im Güterverkehr.
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