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Kritik an Weizsäcker

■ Czaja kritisiert die Polen-Erklärung des Bundespräsidenten / Genscher dagegen befürwortet / „Republikaner“ jaulen auf

Bonn (dpa) - Die Versicherung des Bundespräsidenten, daß die Bundesrepublik auch in Zukunft „keinerlei Gebietsansprüche“ gegen Polen erhebe, hat die überzeugte Zustimmung von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher gefunden. Der Präsident des Bundes der Vertriebenen, der Bundestagsabgeordnete Herbert Czaja (CDU), bedauerte am Dienstag in einem Kommentar indirekt die Weizsäcker -Botschaft. Wer nicht Klarheit darüber schaffe, daß Polen Gebietsansprüche stelle, der „verdeckt die Wahrheit“. Grenzen müßten sicher sein, aber wo sie verlaufen, könne man nur friedensvertraglich festlegen. Diplomatische Kreise erwarten nun die Erklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl vor dem Bundestag am 1. September in der Gedenkrede zum 50. Jahrestag des Kriegsausbruchs. Anläßlich der Nominierung des CDU-Politikers Volker Rühe zum CDU-Generalsekretär hatte Kohl betont, daß eine Äußerung Rühes 1985 über die „politische Bindungswirkung“ der Grenzregelung in den Ostverträgen ein „Mißverständnis“ gewesen und seither von Rühe auch nicht mehr wiederholt worden sei.

Nach Auffassung der rechtsradikalen „Republikaner“ hat von Weizsäcker mit seiner Botschaft „nicht für das gesamte deutsche Volk gesprochen“. Der Bundessprecher der Partei, Harald Neubauer, protestierte am Dienstag „im Namen von über zwei Millionen Republikaner-Wählern gegen Geschichtsklitterung und Rechtsbruch“. Er nannte es eine „Schande“, wie eiskalt der Bundespräsident in seiner Botschaft über die Unterdrückung der Deutschen in Polen hinweggehe.

Auch solle von Weizsäcker „endlich einmal erklären, weshalb er, der 1939 als deutscher Offizier in Polen einmarschierte, erst heute 'Widerstand‘ leistet“. Als „Schaumschlägerei“ stufte Neubauer Weizsäckers Interpretation des Warschauer Vertrags ein, wonach die Bundesrepublik keinerlei Gebietsansprüche gegen Polen erhebe.

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