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Deutsche Köpfe unter UNO-Baretts

■ Das Bundeskabinett beschloß, den Bundesgrenzschutz nach Namibia zu schicken

BGS-Männer reisen nach Namibia. Sie kommen nur mit einer niedlichen Pistole bewaffnet, arbeiten im zivilen Bereich. Ihre honorige Aufgabe ist es, den Frieden im ehemaligen Deutsch-Südwest sichern zu helfen. Sie kommen in Frieden und freiwillig. Was soll daran schon verwerflich sein?

Alles! Denn die gestrige Entscheidung des Bundeskabinetts hat eine Pilotfunktion. Niemand hat ausgeschlossen, daß es beim nächsten Mal nicht Bundeswehrsoldaten sein könnten, die zu fernen Ländern in den Frieden ziehen. Keiner kann schon jetzt dafür garantieren, daß ein BGS-Mann in Namibia nicht einen Schwarzen erschießt - in purer Selbstverteidigung, versteht sich. Pünktlich zum 50.Jahrestag des Überfalls auf Polen ist eine Schmach bundesdeutscher Außenpolitik getilgt. Sie darf jetzt, was auch all die anderen schon lange dürfen. Sie hat die Fesseln jener „unglückseligen Vergangenheit“, der wir heute alle gedenken, abgestreift.

Die Bundesrepublik geht einen weiteren Schritt in Richtung „Normalität“. Nachdem deutsche Soldaten vor 50 Jahren der Welt den Krieg brachten, beglücken sie sie heute mit dem Frieden. Statt Wehrmachtshelme tragen die germanischen Peaceniks von heute blaue UNO-Baretts. Nur der Kopf darunter ist der gleiche geblieben.

Daß deutsche Waffenträger tatsächlich notwendig sind, um den Frieden in Namibia (oder anderswo) zu bewahren, wird ernsthaft niemand behaupten. Insgesamt kommen 1.000 UNO -Polizisten nach Namibia. Ihre Mission wäre wohl kaum ernsthaft gefährdet, wenn man auf die 50 Bundesgrenzschützer verzichtet hätte. Ein Verzicht auf sie hätte symbolische Bedeutung gehabt. Ihr Einsatz zeigt, wo die Bundesregierung ihre Prioritäten heute setzt: Die deutsche Vergangenheit taugt allenfalls noch für Feierstunden im Bundestag, die Gegenwart heißt: überall Mitmischen, und sei es unter den Weltsheriffs.

Klaus Hillenbrand

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