: Eritrea-betr.: "Äthiopische Militärs vor dem Ruin", taz vom 18.8.89
betr.: „Äthiopische Militärs vor dem Ruin“, taz vom 18.8.89
„Wer eine Unwahrheit weiterträgt, findet stets auch einen Empfänger.“ Eine Weisheit aus Eritrea. Übertragen auf die Auslassungen Knut Pedersens ließe sich abwandeln: Auch der beharrliche Verzicht auf eigene Recherche findet zuweilen eine willige Redaktion.
Pedersens gröbster Ausreißer: Die Eritreische Volksbefreiungsfront(EPLF) sehe sich mit der Gefahr einer inneren Spaltung konfrontiert. Das hält der Wirklichkeit auch bei größtem Mißtrauen in die Verlautbarungen der Organisation nicht stand. Gefahr und Tatbestand einer Spaltung liegen gut zwei Jahrzehnte zurück, als in einem konfliktreichen internen Prozeß die ehemalige Eritreische Befreiungsfront(ELF) der neu gebildeten EPLF weichen mußte. Abgesehen von einem klar formulierten politischen Programm unterschied sich die EPLF von der ELF gerade durch das beinahe penible Bemühen, Religions- und ethnische Schranken zu überwinden. Dieser Umstand mag entscheidend dazu beigetragen haben, daß sich Zehntausende von Frauen und Männern der Guerilla angeschlossen haben und heute rund vier Fünftel des Territoriums kontrollieren.
Wenn das Mengistu-Regime im April dieses Jahres mit Vertretern der inzwischen zur Bedeutungslosigkeit geratenen ELF-Splittergruppen Gespräche geführt hat, lag darin der mißglückte Versuch, vor der internationalen Öffentlichkeit Eritrea eine Bittstellerrolle zuzuschieben und den Druck aus den eigenen Reihen propagandistisch zu mindern. Der Versuch schlug bekanntlich fehl. Die Gespräche wurden abgebrochen. Damit war auch das unselige Ansinnen Mengistus zunächst gescheitert, Eritrea zu zersplittern. Für die EPLF stand eine Aufteilung des Landes nie zur Debatte, somit konnte der Vorstoß Äthiopiens auch nicht eine Ausnutzung innerer Widersprüche in den Reihen der Organisationen bedeuten.
Das wird klar, wenn man die jüngste Initiative von Ex -Präsident Jimmy Carter betrachtet. Sollte Addis Abeba nicht in letzter Minute einen Rückzieher machen, dann werden sich Vertreter der EPLF und des Mengistu-Regimes am 7.September gegenübersitzen, um künftige Friedensverhandlungen vorzubereiten. Für die EPLF bedeutet Waffenruhe in Eritrea, den begonnenen Aufbau unter der Bedingung von Frieden fortsetzen zu können. Für das Regime in Addis Abeba bedeutet Waffenruhe, nicht länger die Hälfte des Staatshaushaltes für einen nicht zu gewinnenden Krieg zu verschwenden und dafür quasi die Wirtschaft des eigenen Landes zu opfern. Zudem steht Äthiopien unter Druck seiner Freunde und Verbündeten, den Krieg endlich zu beenden.
Beide Seiten haben also gewichtige Gründe zu verhandeln. Doch daraus einen neuen Schulterschluß zwischen EPLF und Mengistu zu konstruieren, wonach der Zugang zum Roten Meer nicht in moslemisch-arabische Hände fallen solle, gehört schlicht ins Reich der Fantasie.
Habteab Tsige, Köln 60
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