: Österreich privat
■ Zeitungsverleger und ORF einigten sich auf Privatfunk-Modell / In jedem Bundesland ein Verlegerprogramm
Der Verband Österreichischer Zeitungsverleger (VÖZ) und der Österreichische Rundfunk (ORF) haben sich in Wien auf ein gemeinsames Privatfunk-Modell geeinigt. Danach soll es künftig neben den ORF-Radioprogrammen in jedem Bundesland ein zusätzliches Privatprogramm geben. Die Programme sollen sich aus Werbung finanzieren, maximal sechzig Minuten Werbung sind pro Tag erlaubt. Programmveranstalter dürfen nur Österreicher sein, „die auf Grund des vorgelegten Sendeschemas geeignet erscheinen“. Bei der Beurteilung der Bewerber ist jenem der Vorzug zu geben, „der die inhaltliche Ausgewogenheit der Programme und Pluralität der Meinungen im besonderen Maße gewährleistet“. Die Programme werden über ORF-Sender ausgestrahlt, die Lizenzen vergibt das ORF -Kuratorium, die Anhörung des jeweiligen Bundeslandes ist vorgesehen. Über die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wacht die Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes.
Bei dem gemeinsamen Modell, das nach mehrmonatigen Verhandlungen zustandekam, handelt es sich um einen Textvorschlag für ein Hörfunk-Versuchsgesetz, der nach Genehmigung durch das ORF-Kuratorium und den VÖZ-Vorstand an die Regierungsparteien weitergeleitet wird. Beide Partner sind nach einer ORF-Mitteilung von der Überlegung ausgegangen, daß der kleine österreichische Markt eine vernünftige Marktordnung brauche, „um finanzielle Abenteuer“ zu vermeiden. Sowohl negative wie auch positive Erfahrungen, die im Ausland mit dem Privatradio gemacht wurden, sollten berücksichtigt werden, „um Fehlentwicklungen auszuschließen“. Ferner sollte „angesichts der allgemeinen Tendenz der Überfremdung der österreichischen Wirtschaft“ sichergestellt werden, „daß die elektronischen Medien ausschließlich von Österreichern kontrolliert werden“. Auch soll „die Leistungsfähigkeit und der Programmauftrag des ORF“ nicht beeinträchtigt werden. Im Fernsehen soll - nicht zuletzt auf Grund der Marktverhältnisse - der Status quo unverändert beibehalten werden.
Das VÖZ/ORF-Modell ist bei den konservativen Parteien ÖVP und FPÖ, aber auch bei den Grünen auf Skepsis und Ablehnung gestoßen, weil damit den Zeitungsverlegern eine „eklatante Vorrangstellung“ bei der Lockerung des Hörfunkmonopols eingeräumt werde. Ein völliges Ausschließlichkeitsrecht für die Zeitungsherausgeber würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, sagte ÖVP-Generalsekretär Helmut Kukacka. Der FPÖ-Vorsitzende Jörg Haider vertritt die Auffassung, daß sich ORF und Zeitungsherausgeber von einem „Monopol zu einem Oligopol hinüberschwindeln“ wollen. „Wenn das wirklich die liberale Pressefreiheit ist, von der so manche träumen, dann muß eine staatspolitisch verantwortliche Partei die Pläne durchkreuzen, auch wenn das publizistisch nicht unterstützt wird.“ Nach Ansicht von Pius Strobl, dem Bundesgeschäftsführer der Grünen, würde ein Verlegerradio die Meinungsvielfalt bedrohen. Hier werde lediglich ein zweites Monopol geschaffen. Strobl vermutet, daß die VÖZ/ORF -Vereinbarung „nur aus Angst vor dem WAZ-Konzern“, zu dem die Wiener „Kronen-Zeitung“ und der Wiener „Kurier“ gehören, zustandekam.
epd
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen