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Leiden im Geheimen

■ Gestern war UNESCO-Tag der Alphabetisierung / In Berlin leben Tausende, die nicht lesen können / „Peinlich“ - aber für wen?

„Können Se nich‘ lesen !„- ist ein beliebter Anschnauzer miesepetriger Pförtner und anderer Schalterbeamter, der eigentlich nie als Frage gemeint ist. Bis zu drei Millionen Bundesbürger, so schätzte schon vor einigen Jahren das Adolf -Grimme-Institut der Volkshochschulen, müßten dem übellaunigen Pförtner allerdings tatsächlich mit „Ja“ antworten. Aber die schweigen, verstecken sich - und leiden. Und nicht nur der „Peinlichkeit“ eines solchen Phänomens in einer westlichen Bildungsnation wegen - sondern auch wegen der Kosten - schweigen dazu gerne die Politiker.

Dafür, daß Analphabeten ein oft sehr trauriges Schattendasein führen müssen, sorgen nicht nur eine in Jahren enstandene Scham der Analphabeten selbst und deren Unfähigkeit in einer Schreib- und Lesegesellschaft „mitzureden“. Auch die wenigen Projekte, die sich damit befassen, müssen sich in jedem einzelnen Fall um die Finanzierung der Kurse bemühen. Hinzu kommt das (Schein -)Problem der kleinen Nachfrage: In keinem anderen Bereich der freiwilligen Bildungsangebote ist es so schwer, Schüler und Dozenten zusammenzubringen. Denn Analphabeten lesen keine Anzeigen... Seit Jahren fordern die Anbieter deshalb vergebens Fernseh- und Radiospots an attraktiven Sendeplätzen.

Weil aber auch Mund-zu-Mund-Propaganda weiter hilft, soll anläßlich des UNESCO-Alphabetisierungstages noch einmal auf drei Berliner Kursanbieter hingewiesen werden. Die Kurse, Beratungen und weitere Hilfen sind für die Teilnehmer selbst kostenlos: „Arbeitskreis Orientierungs- und Bildungshilfe“ (AOB), Mehringhof, Aufgang4, 2.Stock, Gneisenaustraße2, Berlin 61, Telefon 693 40 38; Verein „Lesen und Schreiben“, Herrenhuter Weg16, Berlin44, Telefon 687 40 81; Volkshochschule Spandau: nächste Anlauftermine sind am kommenden Montag und Dienstag um 17.30 und 19.30Uhr im Alten Kant-Gymnasium an der Carl-Schurtz-Straße59. Mitarbeiter der VHS erwarten Interessierte am Schulportal.

tom

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