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Halbe Millionen in Sozialstiftung veruntreut

■ Verwaltungsleiter der Hans-Wendt-Stiftung ließ über fünf Jahre Hunderttaussende auf sein Privatkonto verschwinden

Eine Lösung für den „Sozialplan“, den der Betriebsrat der Hans-Wendt-Stiftung für 14 MitarbeiterInnen fordert, ist „noch

nicht in Sicht“, erklärt der Stiftungs-Geschäftsführer Andreas Strunk gestern der taz. Geld allerdings, um nach der Schließung

von Einrichtungen zur heilpädagogischen Betreuung von Kindern und zur Ausbildung schwer vermittelbarer Jugendlicher gegenüber den Interessen der MitarbeiterInnen großzügig zu verfahren, hätte vorhanden sein können: Ca. 500.000 Mark, so bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, sind vom ehemaligen Verwaltungsleiter der Stiftung, Dieter Ziebarth, und seiner Buchhalterin in den Jahren 1984 bis 1988/89 veruntreut worden. Die Anwälte der beiden Beschuldigten haben bereits Geständnisse ihrer MandantInnen signalisiert.

Er sei „jahrelang hinters Licht geführt worden“, erklärte der Geschäftsführer Strunk die Tatsache, daß er bis Ende Juni alle Belege für den Verwaltungsleiter unterschrieben hatte: Ziebarth habe die Vorgänge so „geschickt

verborgen“, daß auch der Wirtschaftsprüfer jahrelang nichts merkte. Immerhin beträgt der Jahresetat, den die Stiftung für ihre gemeinnützige soziale Arbeit zur Verfügung hat, im Jahr zwischen acht und elf Millionen Mark, die Hans-Wendt -Stiftung beschäftigt insgesamt rund 130 MitarbeiterInnen. Sie war auf Initiative des Sozialsenators Scherf gegründet worden, um Ausbildungsprojekte aus der Trägerschaft des Landes Bremen in eine gemeinnützige Hand zu geben.

Der Vorstand der Stiftung (Vorsitzender: Henning Scherf) war in den vergangenen Jahren immer unzufriedener mit seinem Verwaltungsleiter geworden und hatte ihm mit der Kündigung gedroht. Es war eine gütliche Vereinbarung getroffen worden, daß Ziebarth mit dem Jahresabschluß

1988 die Stiftung verlassen sollte. Bei der Vorlage dieses Abschlusses im Juni wurden die Wirtschaftsprüfer dann mißtrauisch, als eine Unregelmäßigkeit bei einem Beleg über eine eher geringfügige Versicherungs-Summe auffiel. Die Wirtschaftsprüfer bohrten weiter und fanden bis Ende August falsche Belege über insgesamt eine halbe Million.

Einer der Wege, die der Verwaltungsleiter nutzen konnte, war seine Doppelfunktion: Gleichzeitig ist er nämlich Geschäftsführer des „Vietnam-Vereins“, einer mildtätigen Hilfs-Organisation für geflüchtete Boat-People. Zwischen Hans-Wendt-Stiftung und dem Vietnam-Verein und dem Privatkonto des Verwaltungsleiters entwickelte sich das einträgliche „Bermuda-Dreieck“.

K.W.

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