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Fusions-Nachbeben

Kartte schweigt / Betriebsräte lehnen Auflagen ab / Europäischer Airbus-Streit um Privatisierung  ■ Mit Daimler/MBB auf du und du

München (dpa/afp) - Der Präsident des Bundeskartellamtes, Wolfgang Kartte, will keine Stellung zum Einstieg von Daimler-Benz bei MBB nehmen. Dies sei auch eine Stilfrage, nachdem Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann sich mit einer Sondererlaubnis über das von Karttes Behörde verhängte Verbot des Zusammenschlusses hinweggesetzt hatte. „Wir wünschen Daimler viel Glück“, sagte Kartte.

Die Konzern- und Gesamtbetriebsräte von MBB und den Daimler -Tochtergesellschaften Dornier, MTU und Telefunken -Systemtechnik (TST) lehnten in einer gemeinsamen Erklärung die Auflagen ab, die Haussmann mit der Erlaubnis verbunden hatte. Die Umsetzung werde einen absehbaren Schaden für die Beschäftigungssituation in den betroffenen Betrieben bedeuten.

Aus „rein polit-optischen Gründen“ seien am grünen Tisch Bedingungen formuliert worden, die „für Tausende von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu tiefgreifenden Veränderungen und sogar zum Arbeitsplatzverlust führen können“, heißt es in der Mitteilung. Zu keiner Zeit seien Gespräche mit den Organen der Beschäftigten geführt worden. Die Auflage, die Marine- und Sondertechnik bei MBB und TST mit etwa 6.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu verkaufen, treffe beispielsweise das strukturschwache Land Bremen besonders hart. Die Diskussion um die Auflagen und Ausgliederungen lenke außerdem völlig vom ursprünglichen Fusionsziel der Rationalisierung ab.

Als „falsche Debatte“ hat der Präsident des staatlichen französischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Aerospatiale, Henri Martre, die am Montag vom Daimler -Vorstandsvorsitzenden Edzard Reuter und zuvor bereits vom Chef der britischen Aerospace, Raymond Lyog, geforderte Privatisierung der Airbus-Industrie bis 1996 zurückgewiesen. Die „Verquickung der Natur des Kapitals mit der Qualität der Leistung“ sei eine unzulässige Vermengung, erklärte Martre. Die an dem europäischen Luftfahrtkonsortium beteiligten Firmen MBB, Aerospatiale, British Aerospace und die spanische Casa (4,2 Prozent) seien privatrechtliche Unternehmen. Die Wirtschaftsgruppe Airbus sei „weder öffentlich noch privat“. Eine Diskussion ihres Status sei „eine falsche Debatte“. Das wahre Problem, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Konkurrenten Boeing und McDonnell, werde durch sie nicht gelöst.

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