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Höchstpreise für stumme Frauen

Der Schriftsteller Klaus-Peter Wolf gab sich als Frauenhändler aus / Das Finanzamt gab ihm für das Gewerbe „Frauen- und Mädchenhandel“ prompt eine Steuernummer  ■ I N T E R V I E W

taz: Sie haben zum Schein die Firma „Hot Pants“ gegründet und sich als Frauen- und Mädchenhändler ausgegeben, um in diesem Milieu für ihren Roman „Traumfrau“ zu recherchieren. Welche Männer haben Sie da getroffen?

Klaus-Peter Wolf: Ich habe Inserate aufgegeben, bei mir könne man eine „treu ergebene Asiatin“ kaufen. Viele Männer wollten das. Im wesentlichen gibt es da drei Typen und Motive: Es gibt den Mann, der eine schwächere Frau sucht, der sich den Frauen hierzulande unterlegen fühlt. Der Reichtum hier gibt ihm ein Gefühl von Stärke gegenüber den Frauen, die aus einem armen Land kommen: Wenn er seiner asiatischen Frau ein Kleid kauft, fühlt er sich als Gönner das soll er mal mit einer deutschen Frau versuchen. Dann gibt es die Männer, die sich bewußt eine Frau bestellen, die kein Deutsch und kein Englisch spricht. Die suchen die Sklavin, die sie einschließen können und die völlig von ihnen abhängig ist, weil sie keine Außenkontakte hat. Und dann gibt es die Männer, die das konsequent zu Ende denken: Sie haben bei mir eine stumme Frau bestellt. Diese Männer wollen sich mit einer Frau nicht auseinandersetzen. Wichtig ist auch, daß sie über ihn nicht sprechen kann und folglich auch bei anderen Leuten keine Hilfe holen kann. Daher sind die Männer auch bereit, für stumme Frauen mehr zu bezahlen.

Hatten die echten Frauenhändler, zu denen sie Kontakt hatten, tatsächlich stumme Frauen im „Angebot“?

Ich bin als Kunde aufgetreten und schrieb an den größten Mädchenhändler in der Bundesrepublik, daß ich eine stumme Frau an meinen Freund weitervermitteln möchte, weil er nach einer kaputten Ehe nie mehr das Geschwätz einer Frau hören möchte. Die Antwort kam prompt und schriftlich: „Selbstverständlich sind Ihre Wünsche erfüllbar.“

Was kostet solch eine stumme Frau?

Normalerweise kostet eine Frau aus Asien circa 5.000 DM. Für stumme Frauen ist die Nachfrage größer als das Angebot, deshalb sind da die Preise höher. Mir sind für stumme Frauen 25.000 DM geboten worden.

Was sind denn das für Typen, die mit Frauen handeln?

Der größte Frauenhändler ist ein richtiger Geschäftsmann, der könnte genausogut Gummireifen oder Konservendosen verkaufen. Er macht eben mit den Frauen das größere Geschäft. Er ist sportlich und locker, er regelt alles mit einem notariellen Vertrag - viel, viel seriöser, als es ein Gebrauchtwagenhändler je machen würde. Und dann gibt es die verkrachten Existenzen, die kleinen schmuddeligen, deren Geschäfte auch mal auffliegen. Häufig sind sie Untervertreter eines Mädchenhändlers, die vor Ort das dreckige Geschäft machen.

Ihre Scheinfirma „Hot Pants“ haben Sie mit der Angabe „Frauen- und Mädchenhandel“ als Gewerbe offiziell angemeldet. Wie reagierten die Behörden?

Wie immer in Deutschland bekommt man ein Formular. Dieses Formular des Finanzamtes Hachenburg habe ich ausgefüllt und prompt eine Steuernummer erhalten. Man bestätigte mir: „Als Beruf/Gewerbe ist unter dieser Steuernummer aufgenommen Mädchen- und Frauenhandel.“ Ich bekam auch eine Umsatzsteuerschätzung und eine Voranmeldung für die Umsatzsteuer.

Wie erklären Sie sich diese Ahnungslosigkeit?

Das ist keine Ahnungslosigkeit, sondern so funktioniert der Menschenhandel. Jeder weiß, daß es das gibt. Aber man macht die Augen und Ohren zu.

Auch die IHK Koblenz hat sich bei Ihnen, dem jungen Unternehmer, gemeldet.

Sie schrieben mir einen Brief: „Wir beglückwünschen Sie zur Gründung Ihres Unternehmens“ und legten gleich eine Zahlkarte über 100 DM Mitgliedsgebühr bei.

Sowohl das Finanzamt Hachenburg als auch die IHK Koblenz sind mittlerweile etwas unter Rechtfertigungsdruck. Wie erklärt man nun das peinliche Mißgeschick?

Das Finanzamt gab eine offizielle Stellungnahme ab: Es interessiere nicht, was moralisch oder unmoralisch sei, wichtig sei für das Finanzamt nur, daß die Steuern pünktlich bezahlt werden. Ansonsten falle alles weitere unter das Steuergeheimnis. Die IHK stellt öffentlich die Frage, ob es nicht unredlich sei, daß ich unter falschen Namen recherchiert habe. Und die Vermittlung von Frauen aus fremden Ländern gelte bei ihnen als Partnervermittlung und sei ganz normal.

Der Roman „Traumfrau“ von Klaus-Peter Wolf erschien vor kurzem im Verlag am Galgenberg, Hamburg.

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