: Foto: "Milan-Rakete verschwunden"
Vier Schüler zwischen 14 und 15 Jahren griffen in der letzten Woche beherzt zu, als ein mit „Milan„-Raketen der Bundeswehr beladener Eisenbahnwaggon unbewacht auf einem Maisfeld im Hamburger Stadtteil Fischbek herumstand. 13 Raketen fehlten danach, und die Polizei rätselt noch heute über das Motiv. Was Bundeswehr und Polizei jedoch noch mehr beunruhigt: Auch nachdem die jugendlichen Täter gefaßt worden waren, trieben Suchtrupps nur ein Dutzend der Panzerabwehrraketen auf - über den Verbleib des letzten Lenkflugkörpers ist nichts bekannt. In der Hansestadt faßt man sich noch immer an den Kopf angesichts dieser „unglaublichen Schlamperei“ ('Bild‘), die in erster Linie wohl auf das Konto der Bundeswehr gehen dürfte. Das zumindest behauptet die Deutsche Bundesbahn. So sei der Waggon mit der explosiven Ladung entgegen üblicher Abmachung nicht „körperlich“, also direkt von Bundeswehrler zu Bundesbahner, übergeben worden. Ein bei der Bundesbahndirektion eingereichter Lieferschein war lediglich mit „600 Kilo Milan“ beschriftet - beinahe logisch, daß die zuständige Sachbearbeiterin damit nichts anfangen konnte. Die Durchschrift des Lieferscheins, die außerhalb des Waggons angebracht wird, fehlte in diesem Fall. Unmut herrscht auch über die Informationspolitik der Bundeswehr. So bekam die Lüneburger Polizei erst eine Woche nach der Tat den Tip, daß 13 der hochexplosiven Raketen fehlten. Beim „Milan“ handelt es sich um einen etwa anderthalb Meter langen Lenkflugkörper, der vom Schützenpanzer „Marder“ abgeschossen wird. Er hat eine Reichweite von zwei Kilometern. Bei unsachgemäßer Behandlung kann die noch fehlende „Milan„-Rakete ihren jetzigen Besitzern um die Ohren fliegen. Gezielt einsetzen kann man das Geschoß allerdings nicht - außer man besitzt einen „Marder“. Auch der Verkauf des Gerätes an einen ausländischen Militärverband lohne sich nicht, versichert die Bundeswehr. Oberstleutnant Pusch von der 3. Panzerdivision Buxtehude zur taz: „Das Ding wird selbst in Afghanistan seit längerem eingesetzt, das kennt doch jeder.“
Foto: Dietmar Gust
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen