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SPD-Juristen fordern „demokratische Polizei“

ASJ legt Thesenpapier über die „Aufgaben der Polizei in einem demokratischen Rechtsstaat“ vor / Novellierungen der Länderpolizeigesetze längst überfällig / Polizeiliche Datenerhebung ist nach BVG-Urteil von 1983 rechtswidriger Eingriff in Grundrechte  ■  Von Klaus Wolschner

Bonn (taz) - „Die Polizei hat Probleme, ihre Rolle in einer demokratischen Gesellschaft unter den Bedingungen der 90er Jahre zu bestimmen.“ Diese Feststellung war Anlaß für die „Arbeitsgemeinschaft demokratischer Juristen“ (ASJ), einer Vereinigung der SPD, einige Forderungen an eine demokratische Polizei zu formulieren. Auf einem Seminar haben die Juristen zusammen mit „Praktikern“, auch der Polizei, beraten. Der ASJ-Bundesvorstand hat jetzt ein 14seitiges Thesenpapier dazuvorgelegt.

Insbesondere nach dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Dezember 1983 sind Novellierungen der Länder-Polizeigesetze längst überfällig; auch das Strafverfahrensgesetz und die VS-, BND- und MAD -Gesetze entsprechen noch nicht dem Stand von 1983. Bisher haben die Verwaltungen - immerhin sechs Jahre lang - das Rechtskonstrukt des „Übergangsbonus“ in Anspruch genommen und damit Eingriffe in die Grundrechte legitimiert, die nach dem BVG-Urteil rechtswidrig sind. Eingriffe in die „informationelle Selbstbestimmung“ müssen seit 1983 nämlich gesetzlich geregelt und begrenzt sein.

Die „Datenerhebung zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“, wie sie im Musterentwurf zu den Länder-Polizeigesetzen enthalten ist, ist der ASJ ein Beispiel dafür, wie eine polizeiliche „Allzuständigkeit“ behauptet wird, die auch die „Gesinnung“ der Staatsbürger einschließt. Ungelöste politische Fragen dürften aber nicht der Polizei „zur Erledigung“ übertragen werden.

So tritt die ASJ Tendenzen zur „Geheimpolizei“ entgegen (Isola: „Das ist eine Entwicklung, die wir zur Zeit haben“). Im Rahmen der Gefahrenabwehr soll die Polizei darauf hinweisen, daß es ein Auskunftsverweigerungsrecht gibt. Identitätskontrollen sollen nur zu einer konkreten Gefahrenabwehr, nicht zur „Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten“ erlaubt sein. Rasterfahndung soll nur nach Anordnung durch einen Richter oder Innenminister erlaubt sein. Die Versammlungsfreiheit darf durch polizeiliche Aufzeichnung nur verletzt werden, wenn „konkrete Tatsachen“ die Annahme rechtfertigen, daß es zu „erheblicher“ Gewalt kommen könnte. An den Verfassungsschutz dürfen Daten nicht mehr bereits dann weitergegeben werden, wenn es nur um Werbung für terroristische Gewalttaten geht, sondern nur zur direkten „Abwehr“. Generell soll es für alle Datensammlungen Überprüfungs-und Löschungsvorschriften geben, „nach Wegfall der Zweckgefährdung“ sollen die Betroffenen ein „Recht auf vollständige Unterrichtung bekommen.

Von konservativer Seite, findet der SPD-Politiker Isola, werde die Novellierung benutzt, um einen Akzent auf „Staatsschutz“ anstatt auf Bürgerschutz zu setzen. Aber auch SPD-regierte Bundesländer sind weit von dem Bild einer demokratischen Polizei weg, das die ASJ zeichnet. Die Polizei müsse in einem demokratischen Rechtsstaat, so fordert die ASJ, auch die „verfassungsrechtlich gewährleisteten Chancen und Möglichkeiten zu politischen Veränderungen“ als „Schutzgut betrachten lernen und nicht als Störung von Ordnung mißverstehen“. Zur „Professionalität“ von Polizeibeamten gehöre deshalb die Fähigkeit zur „Kommunikation“ und „Deeskalation“, die Polizei müsse im Demokratie-Fall „Vollzugsdefizite hinnehmen“. Anstatt „militärischem Korpsgeist“ müsse als Ausbildungsziel „Toleranz“ und „die Fähigkeit, Kritik zu ertragen“ angestrebt werden. Weil jeder Polizeibeamte persönlich für sein Tun verantwortlich sei, müsse es eine „Kennzeichnung von Polizeibeamten“ geben, sei es durch Namensschilder oder Nummern-Kennzeichen. Polizeibeiräte sollen als „Bindeglied“ zwischen Bevölkerung und Polizei fungieren.

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