: Zwei Doppel, eins gemischt
■ Monika Schlerkmann und Axel Kueck im Schlachthof, Galerie im Turm - Franzisko Mejia und Tilman Rothermels in der Villa Ichon
Zwei Doppel, eins gemischt
Monika Schlerkmann und Axel Kueck im Schlachthof, Galerie im Turm - Franzisko Mejia und Tilman Rothermels in der Villa
Ichon
Fantasie sollen wir mitbringen, Geduld, und lachen sollen dürfen wir auch. So wünscht sich Monika Schlerkmann ihr Publikum, wenn sie in der turmartigen Galerie des Schlachthof ihre Bilder vorstellt. Über Bilder aus dem Bauch darf man nie lachen. Monika Schlerkmann malt mit Kopf, „konstruiert“: aus Metallplatten, alten Polaroids und allem, was irgendwie papiern ist, schichtet sie, was ihr vorschwebt, zu figürlichen Elementen in abstrakten Räumen. Als Farbe dienen reine Pigmente, aber auch exklusives Stinkezeug wie Asphalt- oder Schellack. Nach Experimenten mit Knall-und Knackfarben beschränkt sich Frau Schlerkmann heute auf erdige Farben, es gab Probleme mit Gelb und Grün. Kann eine Ausstellung im Schlachthof „erfolgreich“ sein? Die Künstlerin hat das Glück, finanziell abgesichert zu sein, und freut sich einfach über das pittoreske Ambiente der Galerie.
Gemischtes Doppel im Schlachthof: Monika Schlerkmanns Mit -glied der Ateliergemeinschaft Sophienstraße, Axel Kueck, inszeniert seine Niemalsfertigprodukte im verzwickten Turmuhrzimmer. Große Gefühlsstürme in Rot, man müßte sie dem Künstler entreißen, der nie weiß, wann sie fertig sind. Jede der zahlreichen Öl-Acryl-Schichten ist vorläufig, das Bild ändert sich mit dem Menschen, altert. Daneben Skizzenblätter und ebenfalls Arbeiten mit allerlei Papier, z.B. vom Schlachter gegenüber, voller innewohnender Grausamkeit. (Beide Ausstellungen bis zum 20. Oktober; Mo-Fr 11-17, So 10-1500
Geisterscheide in der Villa Ichon: „Wunderschön beeindrückend“.... „Machos und Feministinnen werden einmal gemeinsam in der Hölle schmoren, also was soll's?“ Ausbrüche im Gästebuch. Franzisko Mejia ist wieder da, nach der Weghängung im Niederdeutschen Theater und seinem „Eros“ bei GadeWe. Sensibler Reflex auf Zeitspannungen oder atavistische Innenbauchschau? Nicht in jedem Bauch ist es hohl. Seine wilden Gefühle und Obsessionen unter dem Ausstellungstitel „Mensch und Haß“ sind glaubwürdig bis dorthinaus, das ganze viele Schwarz, das Blutrot. Die vielbrüstigen Weibsbilder, verdrillten Menschenkörper, erschröcklichen Säuglinge, Ameisen, Kakerlaken, Liebespaare
-Schlachtengemälde der menschlichen Leidenschaften. Mejia voll in seinem Element. Nur bitte bitte Franzisko: Bändige Deine Beredsamkeit, laß ab von Deinen larmoyanten Aphorismen der Art verwirklicht Euch, aber laßt nicht Eure Kinder dafür bezahlen ... natürliches Privileg: Leben schenken ... kultiviere Deine Begierde ...der Mensch, der sich gegen die Natur stellt, haßt entweder sich selbst oder seine Mutter. Deine Bilder sind so viel stärker als Deine Worte.
Eine Treppe höher in nämlicher Villa Ichon kommt ein ach umso leichterer Vogel zu hängen, das Lachen fliegt einen an. Tilman Rothermels Bilder und Graphiken. Nehmen wir das „Phänomen“. Vierfarblithographie von 15 mal 20 Zentimeterchen, blauer Pimmel in Landschaft mit Zaun, staunend davor ein einsamer Betrachter. Eher beiläufig kommt er daher, der Rothermel, merkt an und erwähnt, assoziiert und spinnt (aus). Und das in einer sorglosen Zitterstrichtechnik, die insofern virtuos ist, als sie sowas von unzufällig wirkt. Klein krebsrot, ein Säulchen vor riesig goldgelb Zurückgebogen (am Rücken aber auch schon rötlich ...): „Zur Rede Stellung“. Räume voller kleiner Geschichten, auch verträumt, immer nur angehaucht. Blaustrich gebogen, ein Schiffsrumpf angehängt, tropfen, von links gefahrenschwarz ein Balken - Obacht! „Klippe“. Als Nachbild der Ausstellung bleibt das größte und blaueste Bild, „Luna“ im Kopf, ganz du lieber Himmel nachtblau mit transparenten Wesen der späten Stunde. Ein finsterer Träumer, von wenigen Linien im Raum gehalten.(Beide Ausstellungen bis 30.9.)
Burkhard Straßmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen