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VS-Deal im Schmückerprozeß?

■ Anwälte werfen Berliner Verfassungsschutz Drohungen vor / Bei Geheimtreffen Geständnis der Hauptangeklagten nahegelegt?

Berlin(taz)-Die Verteidiger im Berliner Schmücker-Prozeß, dem längsten Strafprozeß in der bundesdeutschen Justizgeschichte, haben gestern dem Berliner Verfassungsschutz vorgeworfen, ihnen mit belastenden Enthüllungen über ihre Person gedroht zu haben. In einer Presseerklärung berichten die Anwälte, am 17.7. sei es zu einem geheimen Treffen zwischen einem „hochrangigen Mitarbeiter“ des VS und dem Verteidiger der Hauptangeklagten des Schmückerprozesses, Rechtsanwalt Heinisch gekommen. Bei diesem Treffen habe der Beamte dem Verteidiger erklärt, in dem bisher noch streng geheimen Bericht der vom Innensenat eingesetzten Untersuchungsgruppe zur Durchleuchtung des Verfassungsschutzes würde im Zusammenhang mit dem „Schmücker -Komplex“ nicht nur Belastendes für die Angeklagten auf den Tisch kommen, sondern auch peinliche „Enthüllungen“ über die Anwälte. U.a. habe der V-Mann Christian Hain während seiner Spitzeltätigkeit in der Kanzlei des Rechtsanwalts berichtet, Heinisch habe mit inhaftierten Mandanten über Fluchtpläne gesprochen. Außerdem habe der Anwalt Hain gefragt, ob er Sprengstoff organisieren könne. An diese Ausführungen habe der Verfassungsschutzbeamte bei dem Geheimtreffen den „Vorschlag“ angeschlossen, die Hauptangeklagte Ilse Schwipper, solle doch lieber ein Geständnis ablegen, damit bei einer erneuten Gerichtsverhandlung all diesese Dinge nicht zur Sprache kämen. In ihrer Erklärung werten die Anwälte diese Anspielungen als gegen sie gerichtete Drohungen und als einen Eingriff in das Verfahren, das nun zum vierten Mal aufgerollt wird. Nach den Erfahrungen mit dem VS während der fünfzehnjährigen Prozeßgeschichte müsse man davon ausgehen, daß der VS die Anwälte bei dem Treffen nicht „aus purer Menschenfreundlichkeit“ über den Geheimbericht informiert habe. Die Verteidigung werde sich aber davon nicht unter Druck setzen lassen. Vom Innensenat war gestern noch keine Stellungsnahme dazu zu erhalten.

Ve.

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